Eine Frau wacht auf der Intensivstation einer Klinik auf. Sie sagen ihr, sie hieße Claudia. Wer ist Claudia? Sie heißt doch Cilly! Sie ist mit dem Geländewagen ihres Mannes? Freundes? einen verschneiten Abhang hinunterfahren. Er hat das Auto angeschubst. Sie kann sich doch genau erinnern. Aber der Mann, der kommt und sich als ihr Mann vorstellt ist ein ganz anderer. Hat sie durch den Unfall den Verstand verloren? Kann sie den Menschen in ihrer Umgebung noch trauen?
Auch wenn ziemlich schnell deutlich wird (zumindest für mich) was hinter den Erinnerungen von Claudia stecken muss, ist Petra Hammesfahr doch ein spannender Thriller gelungen. Sie erzählt strickt aus der Sicht von Claudia (mit ganz wenigen Blenden, die die Geschichte einfach erfordert). So können wir Claudias Flashbacks hautnah miterleben, uns mit ihr gemeinsam erinnern und zweifeln. Claudia erinnert sich an Szenen, die jeder normale Mensch lieber verdrängen würde. Wer ist der kleine Junge, der in seinem Bettchen in einer brennenden Wohnung steht und den sie offensichtlich zurücklässt? Hat sie ihn umgebracht? Versehentlich? Warum findet das Internet keinen einzigen der Todesfälle, an die sie sich so lebhaft erinnert? Claudia macht sich auf die Suche nach Claudia und was sie findet, ist manchmal, aber bei weitem nicht immer eine Frau, die sie sein möchte.
Toller Thriller, diesmal weniger in die Abgründe von Kleinstädten und Familien, aber dafür ganz tief in die Abgründe von Claudias Seele.
Petra Hammesfahr: Fremdes Leben.
Diana März 2016.
496 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.