Maike Stein: Tagebücher lügen nicht

tage„… Sogar ihre Lippen sind bleich. Sie steht da und starrt mich an. Ich habe keine Worte mehr. Sie dreht sich weg und rennt. Das Loch in meiner Brust verschluckt meinen ganzen Körper. Sie ist weg. …“ (S. 165)
Sophia und Tim sind fast schon ewig miteinander befreundet. Beide leben ihr alltägliches, normales Leben in der Schule, mit Freunden und der Familie. Doch beide haben noch eine ganz eigene Welt. Während Tim in seiner Basketballmannschaft seine zweite Heimat gefunden hat, liebt Sophie ihr zweites Leben in der Corvae-Welt, in der wandlungsfähige Menschen Abenteuer bestehen. Inzwischen hat sich eine Fangemeinde gebildet, die im Internet eigene Corvae-Geschichten austauschen. Auch Tim macht mit, in dem er zusammen mit Sophie Tagebücher führt, in denen sie ihre Fantasien austauschen. Dies geht so lange gut, bis Tim neue Gefühle für Sophia entdeckt, die ihn aus der Bahn werfen. Missverständnisse, Verletzungen und heimliche Annäherungen stellen ihre Freundschaft auf eine schwere Probe.
Die Autorin Maike Stein hat die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Mädchen geschrieben, in der die erste Liebe und die damit verbundenen neuen Gefühle im Mittelpunkt stehen. Aus der Sicht von Sophia und Tim beschreibt die Autorin einfühlsam und zugleich unterhaltsam über die Motive für ein Schweigen im falschen Moment aber auch über die geheimen Wünsche, die plötzlich ein Eigenleben zu entwickeln scheinen.
Interessant sind die wechselnden Perspektiven. In der Einleitung fallen die sprunghaften Szenenwechsel auf. Doch so bald sich auf der inhaltlichen Ebene Sophias Schwierigkeiten entwickelt haben, entsteht ein schneller, gleichmäßiger Erzählfluss. Einen typischen Jugendjargon wird man in diesem Roman vergeblich suchen, wenn zum Beispiel die Akteure ohne verbale Entgleisungen streiten. Dies ist auf der einen Seite sehr wohltuend, auf der anderen Seite wirken Tim und Sophia erwachsener, als sie sein können. Freunde von Fantasygeschichten werden nur in kleinen Auszügen auf ihre Kosten kommen. Die Erzählebene der Corvae-Geschichten hätte vielleicht noch mehr ausgeschöpft werden können.
Zu empfehlen ist dieser Roman allen selbstbewussten Mädchen, die das feinfühlige und emotionale mögen.

Maike Stein: Tagebücher lügen nicht .
Oetinger, September 2014.
192 Seiten, Taschenbuch, 8,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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