Als letztes Jahr „Der Botaniker“ herauskam, war die Washington-Poe-Reihe von M.W. Craven plötzlich erfolgreich in Deutschland. Das scheint vor einigen Jahren anders gewesen zu sein, denn damals ist der erste Band bei Weltbild unter dem Titel „Flammen der Vergeltung“ erschienen und es scheint bei diesem ersten Band geblieben zu sein. Schon als ich den „Botaniker“ gelesen hatte, wollte ich unbedingt wissen, wie diese Ermittlungstruppe angefangen hat. Droemer hat mit „Der Zögling“ jetzt den ersten Band wieder aufgelegt (der zweite folgt im Januar 2025).
Und der Anfang der Reihe ist genauso gut, wie ich erwartet hatte. Ein Serienmörder foltert und verbrennt seine Opfer. Bei dem letzten Opfer ist der Name „Washington Poe“ eingeritzt worden und so wendet man sich an den eigentlich suspendierten Detektiv und bittet ihn, doch Klarheit in den Fall zu bringen.
Washington trifft hier das erste Mal auf Tilly Bradshaw, eine sozial eher inkompatible Kollegin, die jedoch in dem, was sie macht, einfach genial ist. Er erkennt ihr Potenzial und auch hier zeigt sich seine Obsession nach Gerechtigkeit, die ihn ebenso ausmacht, wie sie ihm oft genug im Weg steht. Niemand hätte erwartet, dass die beiden so eigenwilligen Menschen vernünftig zusammenarbeiten können, aber sie tun es, sie tun es gut und sie tun es sogar gerne.
Der Leser rät mit
M.W. Craven lässt den Leser ebenso mitraten wie die Ermittler und so ist ein gleichermaßen spannender wie auch oft genug lustiger Krimi entstanden. Allerdings ist das Buch auch stellenweise brutal in seinen Beschreibungen und in mancher Kompromisslosigkeit. Der Autor schafft es jedoch, das immer wieder aufzulockern, meist durch Tilly oder auch die Dialoge zwischen Tilly und Washington.
Mir hat das Zusammenspiel der beiden am besten gefallen, wie sie sich annähern, einander begreifen, füreinander einstehen und wie sie mehr gemeinsam haben, als es zunächst den Anschein hat.
Ein persönlicher Fall
Aber auch das Miträtseln war gut, hier hat es mich auch nicht gestört, dass sich der Fall als sehr viel persönlicher herausstelle, als man zuerst gedacht hatte. Craven schafft es, dass mehrmals ein diffuser Zweifel bleibt, wenn ein Täter präsentiert wird und dass dieser Zweifel nicht nur der Tatsache geschuldet ist, dass im Buch noch so viele Seiten übrig sind.
M.W. Craven: Der Zögling
Aus dem Englischen übersetzt von Sabine Schilasky, Marie-Luise Bezzenberger
Droemer TB, November 2024
Taschenbuch 400 Seiten 16,99 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.