Das Mädchen Luzia ist eine Waise und schlägt sich als Küchenmädchen in einer eher nicht so reichen und angesehenen Familie in Madrid durch. Um sich die Arbeit ein wenig zu erleichtern, wendet sie leichte Magie an, was im Spanien zur Hochzeit der Inquisition nicht ganz ungefährlich ist. Eines Tages wird sie von ihrer Herrin dabei erwischt und diese erkennt ihre Chance, durch Luzias Fähigkeiten in der Gesellschaft aufzusteigen. So zwingt sie das Mädchen dazu, vor Gästen zerbrochene Gläser wieder zusammenzufügen. So gerät sie ins Visier von mächtigen Männern, die sie in einem Magieturnier antreten lassen wollen, um ihre eigene Reputation zu stärken.
Dabei wird ihr der geheimnisvolle Santángel zur Seite gestellt, um sie zu unterrichten und auf die Prüfungen des Turniers vorzubereiten. Die Liebesgeschichte bleibt dabei nicht aus.
Bei Leigh Bardugo bin ich immer zweigeteilt. Ich fand „Das neunte Haus“ großartig und habe ihre gehypte Krähenreihe nach kurzer Zeit aufgegeben. Das hier ist nicht aus der Krähenreihe, also habe ich dem Buch eine Chance gegeben.
„Der Vertraute“ verbindet Historie und Fantasy. Auf der einen Seite Spanien während der Inquisition, auf der anderen Seite echte Magie. Das ist ein Tanz auf dünnem Seil, bei Sapkowski habe ich es gehasst, aber in Spaniens Geschichte bin ich nicht so bewandert, hier fand ich es einigermaßen in Ordnung. Die Kirche leugnet Magie als Teufelswerk, aber trotzdem ist ein magisches Turnier möglich. Die Autorin hat vermutlich recht, an Wunder glaubte man ja durchaus und auch an Dinge wie blutende Madonnen. Trotzdem haben sich bei mir da ein paarmal die Gehirnwindungen verbogen beim Spiel zwischen Hexerei und Gottesgabe.
Sehr gelungen fand ich dagegen die Figurenentwicklung, und zwar der meisten Figuren, nicht nur der Hauptfiguren. Valentina, die Herrin, die sich zu Anfang als rücksichtslose Küchenmädchenschinderin zeigt und sich dann so großartig glaubhaft verwandelt. Santángel, zu Anfang unheimlich und unnahbar, der sich nach und nach Luzia öffnet und ihr sogar die Geschichte seines langen Lebens anvertraut. Luzia selbst, zwischen Naivität und Klugheit, zwischen Resignation und dem festen Willen, mehr vom Leben haben zu wollen. Sie muss lernen, zu unterscheiden, zwischen Freund und Feind, zwischen echter Magie und reinem Betrug, zwischen Gefahr und Chance. Und sie wächst mit jeder Entscheidung.
Das Buch beginnt eher langsam – ich kam schwer in die Geschichte – und nimmt dann erst Fahrt auf. Man sollte also nach den ersten Seiten nicht gleich aufgeben, es lohnt sich, durchzuhalten. Zum Ende hin konnte ich das Buch dann kaum noch weglegen und ich verspreche, es ist ein Ende mit Feuerwerk. Das allerdings auch recht deutlich macht, dass es wohl kaum eine Fortsetzung geben wird.
Insgesamt fand ich das Buch lohnend zu lesen, Santángels Geschichte und das furiose Ende haben einige Schwächen herausgerissen.
Leigh Bardugo: Der Vertraute
Aus dem Englischen übersetzt von Alexandra Jordan und Sara Riffel
Knaur HC, Mai 2024
Hardcover 25 Euro, 448 Seiten
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.