1954, Nachkriegszeit in Hamburg. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, manche und mancher trägt schwer an der eigenen Vergangenheit, andere vertragen sich nicht mit der neuen Zeit. Viele Lücken sind in den Straßenzügen, wo die Bombenschäden noch nicht beseitigt sind. Nicht jeder findet eine richtige Wohnung, viele hausen in den sogenannten Nissenhütten. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, doch vor allem die jungen Menschen sind auch voller Optimismus und hochfliegenden Plänen.
In dieses Hamburg kommt die junge Greta, Anfang Zwanzig, die nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter aus Stockholm zurückkehrt in die Stadt ihrer Geburt. Sie will zu ihrem Vater, der mit seiner Frau, Sohn und Tochter hier lebt und sie will ihre Mutter finden, die seit Anfang der Vierziger Jahre spurlos verschwunden ist.
Ihr Vater und seine neue Familie heißen sie nicht willkommen, umso froher ist Greta, zwei junge Frauen zu treffen, die ihr gute Freundinnen werden. Marieke, die aus Ostpreußen fliehen musste, ist eine Künstlerin mit Kamm und Schere, Trixie, die mit ihrer Mutter in einer eleganten Villa wohnt, eine Expertin in Modefragen. Greta, die in Schweden eine Ausbildung zur Kosmetikerin abgeschlossen hat und gerne neue Cremes und Lotionen kreiert, gründet mit den anderen beiden zusammen einen rollenden Schönheitssalon.
Doch Greta kann die Freude über den Erfolg nicht genießen, solange sie nicht weiß, was mit ihrer Mutter geschehen ist. Ihr Vater ist ihr dabei keine Hilfe, er und seine Frau sind abweisend, fast bösartig gegenüber Greta. Marieke leidet unter der Trennung von ihrem Kind, das ihr, der Unverheirateten, weggenommen wurde. Trixie hat ihre eigenen Pläne aufgegeben und kümmert sich um ihre demente Mutter. Und auch jede der anderen Frauen, die von den drei Freundinnen frisiert, eingecremt und eingekleidet werden, hat ihre eigenen Probleme. Da gibt es Rita, deren Mann aus der Gefangenschaft zurückkehrt und das neue Selbstbewusstsein seiner Frau als Bedrohung empfindet. Da ist die Kundin, deren Familie in der DDR lebt und sie nicht besuchen darf. Da ist die reiche Therese, die ihre Schuldgefühle durch ihre Arbeit beim Suchdienst des Roten Kreuzes kompensieren will.
Aber es gibt auch glückliche Momente: Greta lernt die Liebe kennen, Marieke darf hoffen, ihr Kind wieder zu bekommen und Trixie findet den amerikanischen Soldaten, den sie seit Jahren heimlich liebt.
Das Ganze ist so kitschig, wie diese Zusammenfassung vermuten lässt. Der ganze Roman ist mehr als nur ein bisschen kitschig, er ist trivial und er übernimmt sich ein wenig an den großen Themen, die er abhandeln möchte: NS-Vergangenheit, Euthanasie, der Umgang mit Flüchtlingen aus Ostpreußen, das Rollenbild der selbstbewusster werdenden Frauen, Sorgerecht alleinerziehender Mütter, Trennung von Familien durch die Teilung Deutschlands, um nur einiges zu nennen. Der Stil der Autorin ist manchmal etwas holprig, die Satzkonstruktionen ungelenk, die Sprache wenig herausfordernd.
Und doch oder vielleicht auch deswegen habe ich das Buch in einem Zug gelesen, nein geschmökert. Die Idee, mit Gesichtsmaske und Dauerwelle in der Nachkriegszeit ein Geschäft aufzubauen, ist interessant und gut umgesetzt. Die drei Protagonistinnen mögen etwas klischeehaft sein, Greta oft etwas zu naiv, dennoch wachsen sie beim Lesen nach und nach ans Herz und man wünscht ihnen einfach Glück für ihre Träume. Und auch wenn es inhaltlich vielleicht überfrachtet ist, so ist das Buch spannend und mitreißend. Dazu trägt das gelungen gemalte Zeit- und Lokalkolorit entscheidend bei, die Leserin kann bei der Lektüre perfekt eintauchen in diese geschichtsträchtige Geschichte.
Ein Roman für Liebhaberinnen von herzerwärmenden Schmökern.
Kerstin Sgonina: Als das Leben wieder schön wurde.
Wunderlich, Januar 2021.
512 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.