Kent Haruf: Abendrot

Im Schweizer Diogenes-Verlag ist dankenswerterweise ein Buch erschienen, das im amerikanischen Original „Eventide“ bereits seit 2004 existiert: „Abendrot“ von Kent Haruf.

Wir reisen in den fiktiven Ort Holt, Colorado, einem Kaff in den Great Plains, und lernen die Menschen kennen, die dort leben: den unglaublich gütigen, großmütigen und sanften Rancher Raymond, der einen schweren Schicksalsschlag verkraften muss und dann doch wieder Freude am Leben empfindet, einen elfjährigen Jungen, der sich rührend um seinen alten Großvater kümmert, oder Betty und Luther, zwei Menschen am Existenzminimum, die nicht in der Lage sind, ihre beiden Kinder vor dem Schläger Hoyt, ihrem Onkel, zu schützen.

Es ist ein bisschen so, wie es in einem Zitat von Bernhard Schlink auf der Buchrückseite heißt: „Kent Haruf nimmt uns mit, wohin wir nie wollten, und bald wollen wir von dort nicht mehr weg.“

Tatsächlich gelingt es Kent Haruf (1943-2014), seine Figuren sehr plastisch werden zu lassen und sie auf diese Weise seinen Lesern sehr nahe zu bringen.

Bis auf wenige Ausnahmen passieren auf den über 400 Seiten in diesem Roman gar nicht die ganz großen Katastrophen. Zumeist ist es einfach das ganz normale Leben, das uns bei diesem Text in seinen Bann schlägt.

Haruf erreicht all das mit einem lakonischen, fast ein wenig unterkühlt wirkenden, zurückgenommenen Schreibstil. Die Gefühle, die seine Figuren durchleben, scheinen eher zwischen den Zeilen durch – das dafür aber umso heller.

Wichtiges Thema in diesem Roman ist die Einsamkeit. Viele Figuren sind zumindest zeitweise allein, und sie sind unsicher im Umgang mit anderen Menschen, wenn sie denn doch mal Kontakt zu ihnen haben.

Ein großer, manchmal auch ein bisschen trauriger Roman, bei dem sich durchaus eine gewisse Enttäuschung einstellt, wenn man die letzte Seite zu Ende gelesen hat.

Kent Haruf: Abendrot.
Diogenes, Januar 2019.
416 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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