Kaelo Michael Janßen, Thomas Nicolai: Nackt auf Usedom

Dem Roman „Nackt auf Usedom“ des Dortmunders Kaelo Michael Janßen und des gebürtigen Leipzigers Thomas Nicolai liegt eine interessante Fragestellung zugrunde: Wie unterschiedlich war es eigentlich, in den 80er-Jahren in der Bundesrepublik beziehungsweise in der DDR aufzuwachsen?
Torsten aus dem Ruhrpott wird von seiner Lehrerin genötigt, eine Brieffreundschaft mit einem Jugendlichen aus der DDR aufzunehmen. Er soll aus erster Hand etwas aus dem anderen Deutschland erfahren.

Etwas widerwillig macht er sich ans Werk, schließlich hat er mit Bier trinken, den Mädchen nachsteigen und dem Versuch, eine Band zu gründen, genug zu tun. Andreas aus Leipzig trinkt zwar kein Bier, macht aber ebenfalls gerade die ersten Erfahrungen mit Mädchen und steigt auch in eine Band ein.

„Nackt auf Usedom“ spielt gekonnt mit den bekannten Ost-West-Klischees, um sie dann genauso geschickt wieder aufzulösen. Vor allem sprachlich ist der Roman ein humoristischer Hochgenuss, bei dem man aus dem Grinsen nicht mehr herauskommt. 

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Frank Goosen: Spiel ab!

In seinem neuen Roman „Spiel ab!“ widmet sich der Bochumer Ruhrpott-Romantiker und -Nostalgiker Frank Goosen dem Jugendfußball.

Die Freunde Fränge, Förster und Brocki, die eifrige Goosen-Leser schon aus früheren Romanen kennen, verschlägt es in die C-Jugend. Als Trainerteam übernehmen sie eine schwächelnde Truppe, die gegen den Abstieg aus der Kreisliga A kämpft.

Und alle Leser, die jemals mit dem Amateur-Fußball in kleineren Vereinen zu tun hatten, werden beim Lesen gleich mehrere Wiedererkennungseffekte erleben. Da gibt es üble Treter-Truppen, unfähige Trainer, vereiste Plätze, die Würstchenbude, den verbissenen Vater, der von seinem Sohn den Sprung in den Profi-Fußball erwartet, oder auch den Ball, der nach einem missratenen Schuss in die benachbarte Kleingarten-Anlage fliegt.

In der wohl lustigsten Szene des Romans muss der Kapitän mitten im alles entscheidenden Spiel mal kurz das Feld verlassen, weil er seiner Mutter einen Haustürschlüssel aushändigen muss.

Man spürt, dass Frank Goosen selbst früher einmal eine solche Jugend-Mannschaft trainiert hat. Das alles wirkt glaubhaft.

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Anselm Oelze: Pandora

Ein vielschichtiges, komplexes Werk legt der Leipziger Autor Anselm Oelze mit seinem Roman „Pandora“ vor. Der dreht sich um die Frage, warum Menschen so oder so handeln, obwohl ihnen doch die Vernunft etwas anderes sagt. Pandora ist eine Figur aus der griechischen Mythologie und wird als „schönes Übel“ bezeichnet. Sie ist im Besitz der „Büchse der Pandora“, die allerlei Schlechtes enthält.

Wir begleiten abwechselnd vier Menschen, die zunächst wenig miteinander zu tun haben: den Schriftsteller David Rubens, der von seiner Frau verlassen worden ist, den Priester Telmo Schmidt, den sein sexueller Fetisch in Schwierigkeiten bringt, die Ethnologin Carline Macpherson, die um die Zukunft des Planeten bangt, und den Astronomen Jurij Bogić, der mit der Vergangenheit seines Vaters im Jugoslawien-Krieg zu kämpfen hat.
Durch die vielen Perspektivwechsel erfordert der Roman einiges an Konzentration.

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Jonathan Escoffery: Falls ich dich überlebe

Der US-amerikanische Autor Jonathan Escoffery widmet sich in seinem Debüt „Falls ich dich überlebe“ einer getrennt lebenden jamaikanischen Migrantenfamilie in den USA. Er tut das, indem er eine Reihe von kürzeren Erzählungen aneinanderreiht, die mehr oder weniger lose miteinander verbunden sind und aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt sind. Insofern lässt sich der vorliegende Band auch als Geschichtensammlung sehen.

Escoffery, der selbst von jamaikanischen Einwanderern abstammt, legt dabei ein thematisches Schwergewicht auf den Rassismus. Trelawney, sensibler Sohn in dieser Familie, leidet darunter, dass er mal als Weißer, mal als Schwarzer gesehen wird. Diesen Aspekt walzt der Autor in der ersten Geschichte etwas breit aus, und man muss als Leser Durchhaltevermögen beweisen.

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Hanjo Kesting: Thomas Mann: Glanz und Qual

Hanjo Kesting: Thomas MannWer etwas mehr über den womöglich berühmtesten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts erfahren möchte, dem sei ein neues Sachbuch von Hanjo Kesting empfohlen: „Thomas Mann – Glanz und Qual“.

Kesting nähert sich dem „Zauberer“, wie Mann vielfach genannt wurde, über sein literarisches Werk und über seine Tagebücher. Er beleuchtet das schwierige Verhältnis Manns zu seinem Bruder Heinrich oder seinem Sohn Klaus. Er zeigt auf, wie sehr sich der Groß-Schriftsteller nach Ende des Ersten Weltkriegs gegen die aufkommende Demokratie stemmt und wie entschieden er sich andererseits später gegen Hitler positioniert.

​Zeitlebens litt er unter seiner Homosexualität: „Die Hunde im Souterrain gehören angeleint.“ Auch war er von ständigen Zweifeln hinsichtlich seines Werkes geplagt, war geradezu süchtig nach wohlwollenden Kritiken. Manns durchaus unsympathische Ich-Bezogenheit ist ebenfalls Thema. Weiterlesen

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Juno Dawson: Das begabte Kind: Der Hexenzirkel Ihrer Majestät 01

Mit dem Band „Das begabte Kind“ startet die britische Autorin Juno Dawson eine neue Urban-Fantasy-Trilogie: „Der Hexenzirkel ihrer Majestät“. Vier Hexen, die sich schon aus Kindertagen kennen, rücken wieder enger zusammen, weil eine dunkle Bedrohung prophezeit wird, die alle Hexen auslöschen könnte. Ein Jugendlicher mit außergewöhnlichen magischen Fähigkeiten spielt dabei eine Rolle.

Das Reizvolle am Genre „Urban Fantasy“ ist, dass hier das Element des Übersinnlichen in den ganz normalen Alltag der Figuren kracht. Die haben mit untreuen Ehemännern und Katern nach Besäufnissen genauso zu tun wie mit widersprüchlichen Gefühlen für den Gemüselieferanten oder pubertierenden Töchtern.

Außerdem können sie natürlich Gedanken lesen sowie das Wetter beeinflussen und beherrschen auch sonst allerlei magische Tricks. Viel zu tun haben sie damit, dass die Menschen um sie herum („die Profanen“) keinen Wind davon bekommen. Weiterlesen

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Trent Dalton: Der ganze Himmel

Der 1979 geborene australische Autor Trent Dalton hat einen zauberhaften, originellen, spannenden und schlicht großartigen Roman geschrieben: „Der ganze Himmel“.

Er handelt von dem Totengräbermädchen Molly, das während des Zweiten Weltkriegs in Australien versucht, einen Buschmann zu finden, der angeblich einst ihre Familie mit einem Fluch belegt hat. Auf ihrer Reise begleiten sie die verhinderte Schauspielerin Greta und Yukio, ein japanischer Kampfflieger, der keine Lust mehr hat, Bomben zu werfen. Bösewicht ist Mollys Onkel Aubrey, der ihr dicht auf den Fersen ist.

Es ist der Einfallsreichtum des Autors, der diesen Roman so lebhaft, plastisch und abwechslungsreich macht: ein echter Pageturner, bei dem man unbedingt permanent wissen will, wie‘s weitergeht.

Alles wirkt lebensecht, glaubhaft und nah dran. Und natürlich wächst einem die zwölfjährige Molly, die so unerschrocken ihren Weg durch allerlei Abenteuer geht, direkt ans Herz. Weiterlesen

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Malin Stehn: Happy New Year

Im Thriller der schwedischen Autorin Malin Stehn feiern die Mitglieder zweier Familien auf zwei unterschiedlichen Partys Silvester: die Teenie-Töchter in einem der beiden Häuser, die Erwachsenen im anderen. Dann ereignet sich die Katastrophe: Eine der beiden Töchter, Jennifer, verschwindet und taucht auch in den folgenden Tagen nicht wieder auf.

Schnell wird klar, dass Fredrik, Vater in der anderen Familie, mehr über Jennifers Verschwinden weiß. Weiterlesen

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Julian Barnes: Elizabeth Finch

Neil, ein Student, der sich bereits in seinen 30ern befindet, ist völlig fasziniert von seiner Professorin Elizabeth Finch. Sie ist nicht nur eine Dozentin alter Schule, sondern „antiquierter Schule“, wie es einmal im Buch heißt. Sie trägt festes Schuhwerk und redet druckreif und ausgesprochen geist- und kenntnisreich über das Altertum.

Ihre Studenten sind ihr entweder vollkommen hörig, wie Neil, oder lehnen sie rundheraus ab.

Elizabeth Finchs besonderes Interesse gilt der Heiligen Ursula, die angeblich im 4. Jahrhundert gemeinsam mit 11.000 Jungfrauen bei Köln hingerichtet worden ist, und dem letzten heidnischen Kaiser Roms, Julian Apostata. Der hat ebenfalls im 4. Jahrhundert versucht, das Christentum zurückzudrängen. Sie stellt Fragen wie: Wie hätte sich die Welt entwickelt, wenn ihm das gelungen wäre?

Wer sich auf dieses Buch einlässt, sollte ein gewisses Grundinteresse an solchen Themen, aber auch an philosophischen und religiösen Fragestellungen allgemein haben. Weiterlesen

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John Burnside: So etwas wie Glück

John Burnside, geboren 1955, gehört zu den profiliertesten schottischen Autoren. In seiner Storysammlung „So etwas wie Glück“ hat er zwölf Geschichten zusammengestellt, die allesamt vom Gegenteil dessen handeln, was der Titel besagt: In ihnen geht es ausgesprochen unglücklich zu und sie haben allesamt eine melancholisch-traurige Grundstimmung.

Gleich in der ersten Geschichte, „Die Kälte draußen“, geht es um einen todkranken Mann, der so gerne noch einmal seine Tochter sehen möchte, die in Übersee wohnt. Doch seine gefühlskalte Frau weiß das zu verhindern. Auch hier ist der Titel ironisch gemeint. Es müsste „Die Kälte drinnen“ heißen. Weiterlesen

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