James Ellroys Roman „Die Bezauberer“ beginnt faszinierend. Wir werden in Marilyn Monroes Schlafzimmer in Hollywood im Sommer 1962 gebeamt, kurz nachdem sie tot aufgefunden worden ist. Größen jener Zeit wie die Kennedy-Brüder, die Schauspieler Peter Lawford oder Liz Taylor, die gerade „Cleopatra“ dreht, kommen genauso vor wie eine Vielzahl von weiteren realen und fiktiven Figuren.
Hauptfigur ist der alkohol- und drogenabhängige Ich-Erzähler Freddy Otash, ein Ex-Cop und Schnüffler, der Informationen beschaffen soll und dabei für wechselnde Auftraggeber arbeitet.
Der Roman lebt von seiner atmosphärischen Dichte. Es gelingt Ellroy, die Stimmung jener Zeit und jenes Ortes – zumindest wie sie gewesen sein könnte – glaubhaft zu vermitteln. Wie alle James-Ellroy-Romane („L.A. Confidential“ z.B.) ist auch dieser rau und brutal. Im Grunde alle Figuren lügen und sind korrupt. Polizisten nehmen auch mal den Tod eines Gefangenen in Kauf, um den Aufenthaltsort einer Geisel zu erfahren – wie in der eindrücklichen Anfangsszene beschrieben. Lichtblicke oder Hoffnungsschimmer gibt es so gut wie gar nicht. Bei aller stilistischen Brillanz: Das muss man mögen, um diesen Roman in vollen Zügen genießen zu können.
Nach dem rasanten Start verliert sich der Text etwas im Klein-Klein, und man muss sich sehr konzentrieren, um die überbordende Zahl von Namen immer richtig zuzuordnen. Keine einfache Lektüre für zwischendurch.
„Die Bezauberten“ erinnert in seiner Machart etwas an die Hard-Boiled-Detektiv-Geschichten etwa von Dashiell Hammett oder Raymond Chandler – nur um ein Vielfaches länger als die Werke dieser Autoren.
James Ellroy: Die Bezauberer
übersetzt aus dem Amerikanischen von Stephen Tree
Ullstein, Juni 2024
672 Seiten, gebundene Ausgabe, 26,99 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.