Elke Heidenreich: Altern

Alle wollen alt werden. Niemand will es sein. Ist das nicht absurd?

Heute ist die Sicht auf das Alter nicht mehr ein Warten mehr auf den Tod. Menschen werden nun dank medizinischer und hygienischer Fortschritte immer älter. Andererseits kann dies im negativen Fall natürlich aber auch einen länger zu ertragenden Verfall mit sich bringen.

Elke Heidenreichs Essay über das Alter und das Altern ist sehr persönlich gehalten, indem sie über ihr eigenes Leben nachdenkt. Gleichzeitig verweist sie aber auch auf viele Lebensweisheiten über das Alter(n) von Prominenten oder auch längst Verstorbenen und stellt so weitere Verbindungen zur Literatur- und Kulturgeschichte her.

Im Alter trage man die Konsequenzen für sein gelebtes Leben, sagt die Autorin. Das Gute dabei sei: Man habe alles hinter sich. Das Alter bedeute aber auch, Gelassenheit walten zu lassen. Man müsse alles nicht mehr so ernst nehmen, das meiste sollte man als völlig bedeutungslos betrachten.

Ich bin das, was ich gelebt habe, und das, woran ich mich erinnere. Erinnern führt ins Innere. Und ich weiß, was, wer, wie ich eigentlich gern wäre…“ (eBook S. 30)Im weiteren Verlauf verweist die Autorin auf einen Satz von Kierkegaard: „Wehmütig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein möchte“.

Zwar werden wir oft von der Vergangenheit, die wir gern im Alter beschönigen, eingeholt, aber entscheidend sei es, in der Gegenwart zu leben. Mit gewissen körperlichen Einbußen im Alter könne man sich arrangieren, als wichtig erachtet die Autorin, einigermaßen gesund und auch sorgenfrei zu sein.

Als für sie selbst sehr bedeutsam und absolut nicht selbstverständlich bezeichnet Elke Heidenreich, dass sie ihre Lebenszeit in einer Phase von siebzigjährig währender Demokratie ohne Krieg verbringen konnte.

Im Leben zähle die Lebensqualität, die soziale Stellung, das Umfeld und das Land, in dem wir leben. Aber auch Freunde und natürlich das Lesen erachtet Elke Heidenreich als essenziell für sich.

Nun, im hohen Alter von einundachtzig Jahren, ist Elke Heidenreich mit sich selbst ausgesöhnt. Den Sinn des Lebens sieht sie darin, das Leben zu leben.

Elke Heidenreich bleibt selbst mit ihren Betrachtungen auf das Alter erfrischend. Auch in Zukunft will sie eine „unbequeme Alte“ sein, die kein Blatt vor den Mund nimmt und sagt, was sie denkt.

Von Elke Heidenreich sind in unserem Schreiblust-Leselust-Portal folgende weitere Buchrezensionen zu finden:

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Elke Heidenreich: Altern.
Hanser Berlin, Mai 2024.
gebundene Ausgabe, 112 Seiten, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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