Auf dem Cover von Tom Rachmans neuestem Werk steht „Roman“, doch eigentlich handelt es sich um eine Sammlung von Erzählungen, die durch eine Rahmenhandlung lose miteinander verbunden sind. Das soll keinesfalls abwertend gemeint sein. Viele dieser Erzählungen sind spannend, einfallsreich und stilistisch gut geschrieben. Doch wer eine stringente, in sich abgeschlossene Handlung erwartet, ist bei diesem Buch falsch.
In besagter Rahmenhandlung versucht eine alternde Schriftstellerin, die an beginnender Demenz leidet – Dora Frenhofer heißt sie -, einen letzten Roman zu verfassen. Die eingestreuten Erzählungen sind das, was sie zuwege bringt.
Immerhin stehen die Figuren, die darin jeweils die Hauptrolle spielen, in irgendeiner Beziehung zur Autorin. Da ist zum Beispiel ihre Tochter Beck. Sie versucht sich erfolglos als Comedian und verliebt sich unglücklich. Oder Amir, der zur Beerdigung seines Vaters in einen islamischen Staat reist und dort grausamst gefoltert wird. Oder Theo, der sich im Urlaub in Indien zwei Reisebekanntschaften anschließt und in die Rettungsaktion eines Ertrinkenden verstrickt wird.
Im letzten Kapitel, das aus der Sicht der Autorin Dora Frenhofer selbst geschrieben ist, bringt Tom Rachman noch einmal einige lose Fäden zusammen. Den Eindruck, soeben einen Erzählband gelesen zu haben – und eben keinen Roman – kann er damit nicht gänzlich revidieren.
In vielen Kapiteln spielt übrigens der Corona-Lockdown eine Rolle. Es ist merkwürdig, wie sehr das auf die Entstehungszeit des Buches hinweist und nur ganz kurze Zeit später wie ein Anachronismus anmutet.
Dennoch bleibt „Die Hochstapler“ dank des schreiberischen Könnens des Autors eine interessante Lektüre, für die es wegen der häufigen Orts- und Perspektivwechsel allerdings einiges an Konzentration braucht.
Tom Rachman: Die Hochstapler
Übersetzt von Bernhard Robben
dtv, Juni 2024
416 Seiten, gebundene Ausgabe, 25 Seiten
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.