Justine Pust: When The Rain Burns

In ihrem letzten Schuljahr musste Lina einen Amoklauf miterleben. Ihre beste Freundin Nele starb, deren Freund Liam rettete Lina. Damit ist ihre Schulclique zerbrochen und sie entschließt sich, zum Studium in einer anderen Stadt ganz neu anzufangen. Mit ihrer WG-Mitbewohnerin versteht sie sich gut und dann lernt sie Tom kennen. Der scheint sie wirklich zu verstehen, sie fühlt sich endlich wieder lebendig, die Welt wird wieder ein Stück heller. Dass er manchmal ein wenig einnehmend und eifersüchtig sein kann – nun ja. Schließlich macht er es ja immer wieder gut und schließlich erklärt er ihr auch immer wieder, was sie gemacht hat, dass er so wütend wurde. Aber die Zeit mit ihm ist toll, er überrascht sie mit Kleinigkeiten und hält sie während ihrer Alpträume fest. Ein Traummann eben. Lina hat leise Zweifel, als sie eine gemeinsame Wohnung anstreben, aber die schiebt sie beiseite.

Liam ist in der Heimatstadt geblieben, ihm blieb auch gar nichts anderes übrig, denn er soll den Schreinerbetrieb des zunehmend alt werdenden Vaters übernehmen. Dabei wäre seine Schwester dafür viel besser geeignet, aber der alte Schreinermeister ist der Ansicht, sie wäre ja nur ein Mädchen.

Der Roman erzählt sowohl Linas als auch Liams Geschichte, arbeitet mit beiden Perspektiven und enthält auch Rückblenden von beiden zu der Zeit des Amoklaufes. Und beide Geschichten handeln von Missbrauch, auch wenn nur Linas Geschichte als True Story ausgewiesen ist. Und der merkt man deutlich an, dass sie auf einer wahren Geschichte beruht und von jemandem geschrieben (oder erzählt) wurde, der Ahnung hat. Denn genauso funktioniert Gaslighting. Zuckerbrot und Peitsche, Verunsicherung, Behauptungen, Vorwürfe und immer wieder Mitleid heischen. Bis Lina an sich selbst zweifelt. Bei den ersten Ausrutschern Toms glaubt sie noch, sie könnte ihn ändern. Er verspricht ja auch immer wieder, alles würde besser werden. Und irgendwann ist sie gefangen in der Beziehung, er kappt mithilfe von Lügen und Halbwahrheiten ihre anderen Beziehungen, sie bleibt nur auf sich selbst zurückgeworfen – uns sich selbst kann sie nicht mehr trauen. Tom nimmt inzwischen einen Großteil ihres Lebens ein, manipuliert Lina, Freunde, Familie, bis sie glaubt, völlig alleine dazustehen und ihm ausgeliefert zu sein. Dazu kommt, dass er sie traf, als sie noch von dem Amoklauf und der neuen Stadt verstört und damit gerade sehr verletzlich war. Solche Männer riechen sowas.

Die Flucht – und es ist eine Flucht – gelingt ihr erst, als sie von außen in Form seiner Exfreundin gesagt bekommt, dass nicht sie es ist, die verrückt ist. Damit bekommt sie einen Teil ihres früheren Selbstbewusstseins zurück und kann endlich wieder eigenständig agieren.

Ganz starkes Buch, dass das auf einer wahren Geschichte basiert, glaube ich ohne weiteres.

Justine Pust: When The Rain Burns
Heartlines (Randomhouse) 04/ 25
Paperback, 480 Seiten, 18 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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