John Brownlow: Seventeen

Bei den Geheimdiensten gibt es zahlreiche Abteilungen. Darunter auch private Firmen, die jenseits der Legalität agieren. Seventeen ist einer dieser freischaffenden Mitarbeiter, der im Kreis der Auftragskiller zu den Besten zählt. Seventeen alias Jones hat vor Jahren Sixteen abgelöst, nachdem dieser spurlos verschwunden ist. Sein legendärer Ruf ist jedoch wie ein ständiger Schatten geblieben.

Im Laufe der Jahre hat Seventeen so viel Geld verdient, dass es für den Rest seines Lebens reichen dürfte. Sein Arbeitgeber will ihn jedoch nicht gehen lassen. Er gibt ihm in Berlin einen Auftrag, der mit einem spontanen weiteren Job gekoppelt ist. Kurz darauf will ihn jemand umbringen.

Der Autor und Drehbuchautor John Brownlow aus Kanada hat mit seinem Debüt Seventeen einen Thriller geschrieben, dem man einerseits seine Bildhaftigkeit anmerkt und andererseits sein Gespür für Timing und Spannung genießt. Sein Ich-Erzähler Seventeen ist ein Einzelgänger, der in seinem Leben unmenschlich viel ertragen musste. Rache war für ihn nicht nur ein Befreiungsschlag sondern auch der Türöffner zu seiner Profession.

Keine Details zur Folter

John Brownlow hat sich entschlossen, das Thema Gewalt nur insoweit zu inszenieren, wie es die Handlung erforderlich macht. In einer Szene erklärt Seventeen, er wolle auf die Details der Folter nicht weiter eingehen, damit der Leser noch gut schlafen könne. Kurz darauf werden die Verletzungen beiläufig beschrieben, um die Gefahr eines möglichen Kräftemessens zwischen der misshandelten Geisel und dem schwer verletzten Folterer zu thematisieren.

Auch sonst wägt Seventeen das Für und Wider gründlich ab. Schließlich hängt sein Leben davon ab, wie aufmerksam und gründlich er seine Umgebung analysiert. Wie ein Moderator, der seine Gäste einfühlsam durch eine exklusive Ausstellung führt, nimmt der Ich-Erzähler seine Leser an seine Seite, um über die Arbeit eines Spions und insbesondere der des Auftragskillers zu sprechen:

„Ein Spion zu sein, ist nicht so, wie Sie glauben. Es ist langweilig. … langweilig im Sinne von nervtötend. (S. 7) … Man kann sichtbar sein oder unsichtbar. Dazwischen gibt es nichts. (S. 9) … In einer Welt aus Einsen und Nullen bleiben Sie analog. Sicherheit durch Unsichtbarkeit. Wo das Problem liegt? Es funktioniert nicht. Nicht mehr. Die Biometrie versaut Ihnen alles.“ (S. 10)

Und dieses Problem begleitet Seventeen ständig: Er kann nicht mehr aussteigen, und gleichzeitig muss er jederzeit damit rechnen, von einer potenziellen Nachfolgerin oder seinem Nachfolger getötet zu werden.

John Brownlow hat auf der Basis dieser scheinbar unlösbaren Aufgabe einen extrem kurzweiligen, spannenden Thriller geschrieben, der gleichzeitig mit einer Portion schwarzen Humor und entwaffnender Logik gespickt ist. Der Autor schenkt damit seiner Leserschaft ein unvergessliches Lesevergnügen mit der Hoffnung, dass 1. sein zweiter Thriller möglichst schnell fertig wird und 2. Jemand sein Debüt verfilmt.

John Brownlow: Seventeen
Aus dem Englischen übersetzt von Stefan Lux
Rowohlt, April 2023
400 Seiten, Taschenbuch, 13,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.