Joar Berge: Kühe kuscheln

Joar Berge ist Ende dreißig als er erkennt, dass es in seinem Leben Zeit wird für eine tiefgreifende Veränderung. Er arbeitet als IT-Manager in Antibes, hat wilde Jahre hinter sich und merkt, dass ihm etwas Wesentliches fehlt. Aufgewachsen mit dreizehn Geschwistern im Odenwald, hatte er schon als Kind eine besonders tiefe Beziehung zu Tieren und ganz besonders zu seiner „Kuhfreundin“ Rexi. Vier Jahre lang waren sie unzertrennlich, bis Rexi aus Rentabilitätsgründen geschlachtet wurde.

Nie war er in seinem Leben glücklicher als in den Jahren mit dieser Kuh. Er beschließt, er will den Rest seines Lebens mit Kühen verbringen, eventuell „Kuhkuscheln“ als Einkommenszweig etablieren und nach Deutschland zurückkehren. In einer Power-Point-Präsentation malt er sich aus, wie für ihn das schönste aller Leben aussehen könnte. Ein Zusammensein mit Tieren schwebt ihm vor, die „einfach so“ leben dürfen, ohne Profit erbringen zu müssen. Tatsächlich findet er Platz für zwei Rinder auf einem Pferdehof. Die Kälber Dagi und Emma treten in sein Leben.

Nach eineinhalb Jahren übersiedelt er mit ihnen auf einen Hof in seiner ehemaligen Heimat. Mit den Menschen dort baut er einen „Lebenshof“ auf, auf dem bedrohte Tiere Aufnahme finden und eines natürlichen Todes sterben dürfen. Allerdings wächst die Rinderherde und der Platz wird zu wenig. Joar glaubt ganz fest an das Gute und daran, dass das Universum ihn und seine Schützlinge nicht im Stich lassen wird. Werden seine Hoffnungen sich erfüllen?

Jedem Landwirt werden vermutlich bei der Lektüre dieses Buches die Haare zu Berge stehen. Jemand, der von der Landwirtschaft leben muss, wird wahrscheinlich nur schwer Verständnis für Joars ganzheitlichen Ansatz im Umgang mit dem Mitgeschöpf Tier aufbringen. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei „Kühe kuscheln“ um ein wichtiges Buch. Es veranschaulicht einen Umgang mit Nutztieren, völlig abseits von finanzieller Rentabilität. Joar Berges Tiere geben ihm so viel Liebe und Zuneigung, das ist in seinen Augen nicht mit Gold aufzuwiegen. Und sie haben eine Existenzberechtigung als individuelle Lebewesen. Sie müssen nicht „nützlich“ sein. Ohne Spenden, ohne ehrenamtliche Helfer und viel unentgeltliches Engagement könnte das Projekt „Lebenshof“ allerdings nicht umgesetzt werden.

Man kann Joar auf Instagram (@moustache_farmer) und Facebook (@moustachefarmer) „besuchen“ oder seine Webseite anschauen (www.moustache-farmer.de). Dort gibt es auch einen Film über ihn und seinen Lebenstraum. 

Joar Berge: Kühe kuscheln. Wie die Tiere und ich ein neues Leben begannen.
Gräfe und Unzer, 2023.
Paperback, 239 Seiten, 16,00€.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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