Joachim B. Schmidt: In Küstennähe

Larus ist dreiundzwanzig und lebt an der Westküste Islands. Nach mehreren Jobwechsel findet er eine Stelle als Gehilfe des Hausmeisters in einem Seniorenheim. Das ist zwar auch nicht das, was er bis ans Lebensende machen möchte, aber die Anforderungen sind verkraftbar und er bekommt regelmäßig ein Gehalt. Seine Haupteinnahmequelle ist allerdings der Drogenhandel. Er passt höllisch auf, dass er den Stoff nur vertrauenswürdigen Personen verkauft. Selbst hält er sich von gefährlichen Dingen fern.

Nur alkoholtechnisch stürzt er gelegentlich ab. Mit den Mädchen klappt es auch nicht recht. Soffia, Pflegefachkraft im Heim, gefällt ihm zunehmend. Er vergrault sie aber mit seinen lockeren Sprüchen und schließlich bringt sie ein Missverständnis nicht einander näher, sondern separiert sie immer mehr. Weil in Zimmer 37-A ein Heizkörper kaputt ist, kommt Larus in Kontakt mit Grimur, dem Schlächter. Demalten Fischer eilt der Ruf voraus, er habe eine inzestuöse Beziehung mit seiner Halbschwester gehabt und diese bei einer Fahrt auf seinem Boot umgebracht. Grimur ist im Dorf Zeit seines Lebens ein einsamer, in sich gekehrter und wortkarger Außenseiter geblieben, ohne Familie, ohne soziale Kontakte.

Er und Larus kennen einander von früher. Larus hat ihm als Kind einen üblen Streich gespielt, den Grimur nicht vergessen hat. Jetzt tut Larus die Aktion leid und er versucht, mit dem Alten ins Gespräch zu kommen. Ganz langsam schaut der todkranke Alte aus seinem Schneckenhaus auf den reumütigen jungen Burschen und sie freunden sich sachte miteinander an. Larus kann wahrlich einen Freund gebrauchen, denn seine Drogengeschäfte ziehen die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich. Schließlich verspricht GrimurLarus, ihm zu erzählen, was damals mit seiner Schwester vorgefallen ist, wenn er ihm einen Gefallen tut. Man sollte nicht sterben, ohne die Wahrheit einem Menschen anvertraut zu haben …

Joachim B. Schmidt stellt seine Figuren dem Leser mit Bedacht vor. Am Anfang passiert nicht viel. Die Dinge ziehen sich ein bisschen. Aber die Geschichte kommt in Fahrt und der Schluss ist grandios. Klare Leseempfehlung!

Joachim B. Schmidt: In Küstennähe.
Diogenes Verlag, 2022.
334 Seiten, Taschenbuch, 14 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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