Jo Nesbø: der könig

Die Könige in ihrem Königreich

Den norwegischen Krimiautoren Jo Nesbø (Jahrgang 1960) muss ich hier nicht weiter vorstellen, denn er gehört zu den weltweit bekanntesten und erfolgreichsten Schriftstellern seines Genres.

2020 erschien bei Ullstein sein Kriminalroman „ihr königreich“ über die beiden Brüder Roy und Carl Opgard aus Os, einem fiktiven kleinen Dorf in Norwegen mit ungefähr tausend Einwohnerinnen und Einwohnern. Die beiden Opgards wollen in Os ein Wellness-Hotel errichten, aber das Projekt steht unter keinem guten Stern. Os Spa geht am Ende in Flammen auf. Nun hat Jo Nesbø mit „der könig“ die Fortsetzung der Geschichte vorgelegt. Das Buch ist am 31. Oktober 2024 in einer Übersetzung von Günther Frauenlob bei Ullstein erschienen.

Es kann nur einen geben“

Roy und Carl Opgard stricken weiter an ihren Projekten Wellness-Hotel und Vergnügungspark. Os Spa ist wieder aufgebaut, da droht der Bau eines Tunnels, weitere Pläne der Brüder zu durchkreuzen. Roy will zur Erinnerung an Shannon, Carls verstorbener Frau und seiner Geliebten, eine Achterbahn aus Holz im Vergnügungspark bauen lassen. Es soll die weltgrößte Holzkonstruktion für eine Achterbahn werden. Damit wird das Dorf Os eine einmalige Attraktion erhalten. Aber es liegen wieder viele Steine im Weg, oder besser gesagt Leichen in Autowracks. So ist da z.B. der Polizist Kurt Olsen, der Roy immer noch im Verdacht hat, am Tod seines Vaters Sigmund schuld zu sein und der die verunglückten Autos aus der Schlucht bergen lässt, oder die beiden Ingenieure von GeoData, die ein positives Gutachten zum Tunnelbau vorlegen wollen. Und auch der Bankdirektor Asle Vendelbo hat Karten im Spiel. Da taucht Natalie Moe, die Roy einst vor ihrem sexuell gewalttätigen Vater rettete, wieder in Os auf und Roy hat plötzlich Schmetterlinge im Bauch. Carl macht derweil sein eigenes Ding und ist dafür bereit, seinen Bruder zu opfern. Denn es kann am Ende nur einen König von Os geben.

„der könig“ von Jo Nesbø ist ein würdiges Finale der Geschichte um die Brüder Opgard aus Os

Jo Nesbø hält sich nicht mit langen Einleitungen oder Erklärungen auf. Als Lesende bin ich sofort wieder im Bann des Ich-Erzählers Roy. Diese Figur ist schillernd und zwielichtig zugleich. Gelegentlich glimmen Funken der Sympathie für sie auf, die aber sofort mit den Füßen ausgetreten werden, weil Roy wieder ein Verbrechen begeht. Carl, Roys Bruder, dagegen bleibt ein bisschen flach. Er wird deutlich weniger tief und ausführlich charakterisiert. Sodass Roy die unumstrittene Hauptfigur der Geschichte (wie auch schon in „ihr königreich“) bleibt. Ich halte es für ratsam auch „ihr königreich“ gelesen zu haben, denn in „der könig“ gibt es viele Bezüge auf Ereignisse aus dem ersten Band.

Spannend, wendungsreich, klug und mit ein paar verzichtbaren Längen erzählt Nesbø über Macht, Neid und Hass. Liebe kommt nur als zartes Pflänzchen in der Geschichte vor und sie droht stets, unter Lüge und Gewalt zu verwelken.

Roy und Carl sind auf ihrem Weg zur Macht skrupellos und brutal. Sie scheuen auch vor Gewaltverbrechen nicht zurück. Zwei Anti-Helden, die König werden wollen. Aber darin steckt aktuelle Gesellschaftskritik, daran, dass es auch Personen im realen Leben möglich ist, trotz Verbrechen und Gewalttaten ungeschoren davon zu kommen (z.B. der verurteilte Straftäter Donald Trump, der designierte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika oder die Kriegsherren Putin und Netanjahu).

Jo Nesbøs „der könig“ ist wie eine Fahrt mit der Achterbahn, bei der man abwechselnd leise zittert vor Spannung und laut juchzt vor Spaß:

„…, denn plötzlich waren wir oben. Das Rasseln der Ketten verstummte, und ich sah keine Schienen mehr vor mir…

Der Wagen blieb an der Kante beinahe stehen, als graute auch ihm vor dem Abgrund. Dann kippte die Nase langsam nach unten. Immer weiter.“  (S. 31) Aber lesen Sie selbst!

Warum der Verlag die Titel der beiden Bücher „klein“ schreibt, bleibt mir weiter ein Rätsel.

Jo Nesbø: der könig.
Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob.
Ullstein Buchverlage, 31. Oktober 2024.
432 Seiten, Hardcover, 25,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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