Eigentlich ja naheliegend, dass Wissenschaftler auch gerne mal das Genre wechseln. Immer nur Fachbücher, Publikationen in Fachmagazinen oder Sachbücher, das weckt vielleicht ja auch die Lust, mal was Neues zu probieren und einen Krimi zu schreiben. Mit „Das Institut“ hat der renommierte Virologe Hendrik Streeck jetzt einen wirklich packenden Thriller geschrieben, der – nicht unbeabsichtigt – auch gute Einblicke in die Welt des Wissenschaftsbetriebes gibt. Ein Metier, in dem er sich auskennt. Die Arbeit in Forschungslaboren ist geprägt von Konkurrenzdenken, vom Ringen um Forschungsgelder, um Anerkennung und Renommée, das man mit Publikationen erwirbt, die in den richtigen Fachmagazinen erscheinen. Aber auch hier geht es wohl nicht um „wer hat was geschrieben und entdeckt“, sondern darum, wer bereit ist, den Erfolg eines z.B. Assistenten auch dem zuzugestehen, dem er gebührt. Ein Haifischbecken, in dem oft nur der Stärkere überlebt und in dem auch mal mit unlauteren Mitteln gekämpft wird.
So auch in dem Fall, den Streeck in seiner Story schildert. Eine junge Virologin springt vom Dach eines Hochhauses in den Tod. Selbstmord. Für die Ermittler ist der Fall eindeutig und kann somit rasch abgeschlossen werden. Nicht so für den jungen Detective Vince Brickle. Er hat Zweifel an der Selbstmordtheorie, auch wenn er zunächst nicht konkret benennen kann, woran er das festmacht. Vince geht der Sache nach. Auf eigene Faust und sehr zum Missfallen seines Partners und vor allem seines Vorgesetzten, aber auch zum Missfallen derjenigen im Institut, mit denen Donna zusammengearbeitet hat. Per Zufall lernt er einen jungen Kollegen von Donna kennen, der bereit ist, ihm bei den Ermittlungen zu helfen. Frank hat Zugang zum Institut, Vince eben nur beschränkt, zumal seine Vorgesetzten ihm eigentlich verboten haben, weiter zu ermitteln. Mit Franks Hilfe kommt Vince nach und nach und nach zwei weiteren mysteriösen Todesfällen dahinter, dass Donna an einer bahnbrechenden Erfindung gearbeitet hat, an der allerdings auch andere interessiert waren, die für Donnas Forschungsergebnisse und -unterlagen gerne auch mal über Leichen gehen.
Ein Krimi, der zwar viele Fachbegriffe und -methoden nutzt, aber dank Vince, der die Fragen stellt, die man sich als Leser bei diesen Begriffen auch stellt und der sich nicht zu schade ist, Frank immer wieder klarzumachen, dass er kein Wissenschaftler ist und gerne verstehen würde, wovon die Rede ist, lernen wir eine ganze Menge.
Flüssig und packend geschrieben, eine Story, wie man sie sich gut vorstellen kann und die durchaus etwas Angst davor macht, was in den Laboren eigentlich alles möglich sein könnte. Die Kritik am Wissenschaftsbetrieb, die zwischen den Zeilen immer wieder recht deutlich anklingt, untermauert der Autor am Ende noch einmal in einem ausführlichen Nachwort, in dem er auch deutlich macht, welche Anforderungen er an einen gerechten Forschungsbetrieb stellt.
Hendrik Streeck: Das Institut: Im Schatten der Wissenschaft
Piper, Februar 2025
Paperback, 432 Seiten, 18,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.