Viele Leser sind restlos begeistert, und auch ich war anfangs voller Vorfreude. Doch was hätte diesen Thriller zu einem wahrhaften Meisterwerk gemacht?
Feinsinnige Details, spitzenklasse Dialoge, überraschend unvorhersehbare Wendungen –„Wenn sie wüsste“ von Freida McFadden verspricht so viel, doch bleibt in einigen Aspekten hinter meinen hohen Erwartungen zurück.
Die Geschichte beginnt vielversprechend mit der geheimnisvollen Millie, die eine Stelle als Haushaltshilfe auf Long Island annimmt. Hier könnte man eine facettenreiche Charakterentwicklung erwarten, jedoch bleibt Millies Persönlichkeit etwas oberflächlich, undurchsichtig und naiv. Die dynamischen Beziehungen zwischen den Hauptfiguren sind zwar spannungsgeladen, aber oft fehlt die emotionale Tiefe, die das Lesen noch mitreißender gemacht hätte.
Freida McFadden versteht zweifellos, wie man Spannung erzeugt, so banal sie es auch umsetzen mag. Die Geschichte war für mich durchweg fesselnd und hält den Leser in Atem. Dabei ist der Schreibstil flüssig und angenehm zu lesen, jedoch könnte er ein wenig mehr Raffinesse vertragen. Die Dialoge sind knackig, aber würden auch hier von mehr Esprit und Tiefe profitieren.
Was diesem Thriller jedoch wirklich fehlt, sind die subtilen Nuancen, die einzigartigen Highlights und alles in sich verschlingenden Twists, die ihn zu einem literarischen Meisterwerk gemacht hätten.
Insgesamt ist „Wenn sie wüsste“ ein spannender Pageturner mit einer interessanten Grundidee, der jedoch das Potenzial für ein wahres Highlight nur teilweise ausschöpft. Freida McFaddens Werk ist für mich somit ein solider Beitrag zum Thriller-Genre, auch wenn es nicht ganz die höchsten Erwartungen erfüllt.
Freida McFadden: Wenn sie wüsste
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Astrid Gravert und Renate Weitbrecht.
Heyne, Mai 2023.
400 Seiten, Paperback, 16,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.