Die 17-jährige Elena und ihr Freund Rico sind seit ziemlich exakt einem Jahr ein Paar. Doch eines Morgens passiert das unfassbare Unglück. Rico rennt vor einen Lastwagen und wird überfahren – und Elena ist schuld! Er fällt ins Koma und für das junge Mädchen und seine Familie beginnt eine schwere Zeit. Sie alle bringen Erinnerungsstücke, Fotos, Geschichten, Musik aus seinem Leben, um ihn daran zu erinnern, dass es sich zu kämpfen und leben lohnt. Elena wird allerdings auch von der Schuld, die sie auf sich geladen hat geplagt.
Franziska Moll wagt in ihrem Roman ein interessantes Experiment: Sie stellt nicht das Ich, Elena, in den Mittelpunkt, sondern das Du, Rico, ohne dass dieser auch nur einmal zu Wort kommen kann. Auch das wir, Elena und Rico, spielt eine große Rolle. Aus den Erinnerungen des Mädchens erfahren die Leser und Leserinnen alles zu dem jungen Mann und der Beziehung der beiden. Sie erinnert sich ans Kennenlernen, den ersten Kuss, den ersten Sex, Tage voller Glück und Liebe. Man hört allerdings nie, dass das harmonische Paar auch mal gestritten habe. Und von Elena, der Erzählerin der Geschichte, erfährt man nur sehr wenig. Obwohl man immer wieder spürt, dass da noch mehr wäre. Sie ist eine verschlossene Person, frisst ihren Kummer in sich hinein und war schon früh auf sich gestellt. Erst vor einem Jahr von Berlin in Ricos Stadt gezogen, hat sie sich von ihrer Vergangenheit abgekapselt. Am Ende lässt sie Rico doch noch ganz in ihr Leben, aber selbst dann nur in knappen Sätzen. „Was ich dich träumen lasse“ ist eins der wenigen Bücher, die ruhig hätten länger sein können!
Insgesamt betrachtet herrscht eine poetische, ruhige Stimmung. Man taucht immer wieder in Gespräche zwischen Rico und Elena ein, die ohne Kennzeichnung wörtlicher Rede aneinandergereiht sind. Das wirkt toll, manchmal aber auch verwirrend, da nicht immer gleich klar ist, welche Redebeiträge Elena, welche Rico zuzuordnen sind. Und doch ist „Was ich dich träumen lasse“ hochgradig lesenswert, für seine ruhigen Momente, für die Grundstimmung und für all die schönen Szenen des jungen Liebespaares. Elena wirkt trotz ihrer verschlossenen Art sehr glaubwürdig, ganz so wie man handeln würde, hätte man ähnliches erlebt. Sie trägt den Roman und den im Koma liegenden Freund, führt mit Melancholie und Schuldgefühlen durch alle Kapitel.
Sehr lesenswerter kleiner Roman über Liebe und Verlust!
Franziska Moll: Was ich dich träumen lasse.
Loewe, Januar 2014.
256 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.