Las Vegas als „Stadt der Dämonen“ zu bezeichnen, hat ja schon mal per se was. Daniel Faust lebt hier. Manchmal als Privatdetektiv, manchmal als Gangster, immer als Magier. Sein neuester Auftrag geht ihm unter die Haut. Ein Großvater bittet ihn, den Mord an seiner Enkelin aufzuklären. Sie kam vom Land in die große Stadt, um ihr Glück zu finden, na ja, man weiß ja, wie das meistens endet. Gestorben ist sie jedenfalls während eines Pornodrehs der härteren Art. Auch wenn der Großvater immer noch das unschuldige Mädchen vor sich sieht, als das sie einst aufbrach, findet Daniel ihren Geist – nur ist der nicht vollständig. Wie kann man jemanden so ermorden, dass der Geist grausam auseinandergerissen erscheint? Und nein, die Leiche war nicht zerstückelt.
Während seiner Ermittlungen stößt Daniel auf Caitlin, eine Dämonin, die durch einen Ring gebändigt und versklavt wurde. Er befreit sie und die Beziehung der beiden dürfte in den nächsten Bänden noch spannend werden.
Obwohl Daniel zu den Guten gehört, hat er keinerlei Hemmungen, die Bestrafung der Täter in die eigenen Hände zu nehmen. Genau dieser Ruf war es, der den Großvater bewogen hat, sich an ihn zu wenden. Gefällt mir das? Ich bin nicht sicher. Auf der einen Seite ist da der Reflex, dass doch Recht und Gesetz beachtet werden müssen. Auf der anderen Seite kann man Daniel problemlos folgen und seine Beweggründe verstehen. Auf der einen Seite spielt die Geschichte in Las Vegas, einer realen Stadt also, und da gehört es sich für Thriller nun mal, dass das Gesetz zum Zuge kommt. Auf der anderen Seite handelt es sich um einen Fantasy-Roman mit Magiern und Dämonen und bitte welcher weiße Ritter hätte jemals Hemmungen gehabt, sein Schwert in den Schurken zu stoßen? Wenn ich da drüber nachdenke, bin ich sehr zweigeteilt, weil Romane auch die Gesellschaft zeigen, die existiert oder die wir uns erträumen. Eine Welt, in der Selbstjustiz gefeiert wird, möchte ich definitiv nicht. Problematisch ist für mich dabei vor allem die Nähe zur realen Welt, die mich irritiert. Wäre es eine reine Fantasy-Welt, hätte ich es vermutlich einfach hingenommen – ist da halt so, gehört zum World-Building. Aber wir reden hier von Las Vegas und da stößt es mir eher sauer auf.
Abgesehen von seinem Hang zu Selbstjustiz und schlechten Entscheidungen ist Daniel allerdings ein toller, super aufgebauter Protagonist. Er hat eine Vergangenheit, die mich mitleiden ließ, er hat Freunde, die sich auch im Verlauf als echte Freunde herausstellen und er weiß, was er tut. Darüber hinaus hat er auch die richtige Portion Humor, um das Buch zu tragen. Er steht deutlich von dem Papier des Buches auf und verschafft sich Dreidimensionalität.
Ein wenig verwirrt war ich darüber, dass Daniel oft Dinge andeutet, die schon passiert sind und die sich anhören, als müsste es einen Vorgängerband geben. Gibt es aber nicht. Auf dem Umschlag steht deutlich „Der Auftakt …“ Ob es da noch Vorgängerbände gegeben hat, die es nie in die Veröffentlichung geschafft haben oder ob da einiges dem Kürzen zum Opfer gefallen ist, weiß ich nicht. Schadet aber auch nicht, je näher man Daniel kommt, desto mehr möchte man über ihn erfahren.
Die Caitlin/Daniel – Dämonin/Magier Kombination finde ich schon spannend. Zumal Daniel ja durchaus den Hang zum nicht ganz so Guten hat (siehe Selbstjustiz). Ich fand diesen Teil seiner Geschichte spannend und bin schon gespannt, wie es weitergeht.
Craig Schaefer: Stadt der Dämonen
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Bernhard Kempen
Heyne, Februar 2024
398 Seiten, Taschenbuch, 17 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.