Munyal, Geduld, ist das allerwichtigste Gebot im Leben der Frauen aus dem Volk der Fulbe im Norden Kameruns. Die Fulbe sind Moslems. Die Polygamie ist weit verbreitet. Frauen werden zwangsverheiratet, sind häuslicher Gewalt ausgesetzt und haben keinerlei Möglichkeiten, ihren Vätern, Onkeln, Ehemännern zu entkommen. Ist der Mann mit seiner Frau unzufrieden, hat sie zu wenig Munyal gezeigt. Schlägt er sie, ist das ihre Schuld, sie hat zu wenig Munyal.
Ein Mann ist der absolute Herr über den Körper und das Leben seiner Frau. Er kann mit ihr machen, was er will. Djaili Amadou Amal wurde selbst mit siebzehn Jahren zwangsverheiratet. Sie weiß, wovon sie schreibt. Das Buch jagt einem eine Gänsehaut über den Rücken. Es geht um Ramla, ihre Halbschwester Hindou und Safira, die erste Frau von Ramlas Ehemann. Ramla hat alles darangesetzt, um bis zum Abitur in die Schule gehen zu dürfen. Sie entspricht allen Erwartungen, begehrt nie auf und hofft, Pharmazie studieren zu können. Dreißig Kinder hat ihr Vater. Ramla ist die gebildetste von allen ihren Schwestern und verlobt mit dem besten Freund ihres Bruders.
Zusammen wollen sie nach Tunesien gehen und „modern“ leben. Aber ihr Onkel trifft eine für sie folgenschwere Entscheidung. Weil er der Reichste ist im Clan, fügt Ramlas Vater sich seinen Wünschen und Ramla, siebzehn Jahre alt, muss einen bereits verheirateten fünfzigjährigen Geschäftsmann heiraten. Sie hat keine Chance, eigene Pläne zu verwirklichen. Dabei trifft sie es noch gut. Ihr Ehemann ist sehr reich. Ihre Schwester Hindou muss ihren drogensüchtigen und alkoholkranken Cousin Mubarak heiraten. Sie zerbricht daran. Ramlas Ehemann hingegen ist entzückt von ihrer Schönheit. Das stürzt seine erste Ehefrau Safira in tiefe Verzweiflung. Diese kämpft mit allen Mitteln darum, die Gunst ihres Ehemannes zurückzuerobern. Von magischen Praktiken bis zu bodenlosen Gemeinheiten fährt sie alles auf, was Ramla schaden oder ein schlechtes Licht auf sie werfen könnte, damit ihr Ehemann sie verjagt.
Denn nicht nur der Gewalt durch ihre Ehemänner sind Frauen bei den Fulbe ausgesetzt, auch die „Mitfrauen“ pflegen untereinander gnadenlose Feindschaften. In einer Gesellschaft, in der es Frauen nicht möglich ist, alleine für sich zu sorgen, weil sie keine Bildung, kein Geld, keinen Familienrückhalt haben, sind sie ohne Ehemänner verloren.
Fazit: Ein knallhartes Buch. Ein Einblick in eine Gesellschaft, die parallel zu der unseren existiert. Jede Frau, die dieses Buch liest, wird sich denken: Was bin ich froh, dass ich in Europa lebe!
Djaili Amadou Amal: Die ungeduldigen Frauen. Roman.
Aus dem Französischen von Ela zum Winkel.
Orlanda Verlag: Reihe Afrika bewegt, Februar 2024
172 Seiten, Taschenbuch, 9,30 €.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.