Cara Hunter: Murder in the Family

Vor 20 Jahren wurde Luke Ryder erschlagen in seinem Garten in London gefunden. Bis heute ist der Täter nicht bekannt. Ein neues Fernsehformat, die True-Crime-Serie „Infamous“ bringt eine Gruppe von Experten zusammen, um den Fall Life zu lösen. Die Experten waren damals an der Untersuchung beteiligt, oder können aufgrund ihres Wissens neue Hinweise einbringen. Produzent der Sendung ist der Stiefsohn von Luke, der sich seinerzeit im Haus befand. Lukes Frau ist heute dement und kann zur Lösung nicht mehr beitragen.

Der Kriminalfall ist verwickelt und spannend, aber seien wir ehrlich. Auf meinen Tisch hat es das Buch aufgrund seines Aufbaus geschafft. Denn es handelt sich nicht um einen Roman im eigentlichen Sinne, sondern um eine Collage aus Zeitungsberichten, Bildern, Interviews und Telefonnachrichten. Das war anfangs gewöhnungsbedürftig. Vor allem als ich die winzige Schrift in den Zeitungsabdrucken ohne Brille entziffern musste. Dazu werden uns die Protagonisten per Steckbrief vorgestellt, ohne dass man zu einem einzigen davon Bezug hat. Konnte ich mir nicht merken, hat genervt.

Aber es hat nicht lange gedauert, dann war ich daran gewöhnt und konnte die Vorteile dieses Stils genießen. Es gibt fast nur Dialoge, also keinerlei „er fuhr hierhin“, „sie sagte das angestrengt“. Damit fehlte meist jeglicher Ton und es stand nur noch die reine Aussage da. Das war aufregend, weil es viel Spielraum für Leserinterpretation ließ.

Und noch etwas war ganz anders als bei anderen Krimis. Die einzelnen Serienfolgen waren natürlich irgendwie vorgeplant, es gab also einen kurzen Abriss vor jeder Folge, was passieren sollte. Trotzdem ist es Cara Hunter gelungen, das Ende beinahe jeder Folge mit einem Knaller enden zu lassen. Nach und nach stellt sich heraus, dass wirklich jeder der „Experten“ irgendwie in den Fall verwoben ist, auch wenn es am Anfang so gar nicht danach aussah.

Die Auflösung fand ich dann nicht so furchtbar überraschend, auch wenn der Weg dahin echt verworren im guten Sinne war. Die Lösung ist eigentlich schon im Anfang enthalten. Aber über wen bis dahin welche Geheimnisse ans Licht gezerrt wurden – Respekt.

Fazit: Muss man sich drauf einlassen wollen, aber es lohnt sich.

Cara Hunter: Murder in the Family
Aus dem Englischen übersetzt von Anne Rudelt und Michaela Link
DTV, Februar 2024
476 Seiten, Taschenbuch, 14 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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