Ein Zeugnis von bedingungsloser Liebe einer Mutter zu ihrer mehrfach schwerbehinderten Tochter.
Die einstige Tänzerin Ada D’Adamo ist krebskrank, muss täglich Bestrahlungstermine wahrnehmen und kann sich nicht mehr wie zuvor für ihre schwerbehinderte Tochter Daria aufopfern. Sie beginnt ein Brieftagebuch, das zu einer Liebeserklärung an ihre Tochter wird.
Kein Arzt erkannte vor der Geburt auf dem Ultraschallbild, dass das Kind mit einem schweren Gehirnschaden zur Welt kommen würde. Dem Kind werden gleich nach seiner Geburt Entwicklungsverzögerungen prognostiziert. Darias körperliche und geistige Beeinträchtigungen erweisen sich als so schwerwiegend, dass ein normales Leben nicht möglich ist. Weder für das Mädchen noch für seine Mutter und die restliche Familie.
Rollstuhl, Stabilisator für aufrechte Haltung, Magensonde, Badesitz und weitere Hilfsmittel sollen das Leben erleichtern. Aber gegen Darias wirkliche Leiden, ihre Schmerzen, ihr ununterbrochenes Schreien, die Schlaflosigkeit oder ihre ständigen unkoordinierten Zuckungen gibt es keine Hilfsmittel. Hoffnungen auf Besserung von Darias Zustand erfüllen sich nie.
Die das Leben erschwerende Bürokratie, emotionsloses Pflegepersonal, Kämpfe um Therapien, Hilfsmittel, Betreuung, rücksichtslose Mitmenschen und Hindernisse im Alltag beeinträchtigen zusätzlich.
Ada, die Mutter, opfert sich auf und quält sich mindestens so sehr wie das Kind. Ihr eigenes Krebsleiden tritt dabei in den Hintergrund. Eine Rückkehr in das vorherige Leben bleibt chancenlos.
In den Reha-Zentren, die Ada D’Adamo mit Daria besucht, wird sie mit Kindern konfrontiert, die dasselbe oder ein ähnliches Schicksal wie Daria haben. Durch viele dieser Kinder resultieren zerstörte Beziehungen, zerbrochene Familien, depressive Mütter. Alle leiden, wie Ada D’Adamo auch, an permanenter Überforderung und alle erfahren zu wenig Hilfe.
Ihre eigene fortschreitende schwere Krankheit zeigt zunehmend Parallelen zu Darias Schicksal auf. Die bange Frage steht im Raum, was aus Daria werden wird, wenn sie selbst, Ada nicht mehr lebt?
Bis dahin liebt Ada ihr so schwer beeinträchtigtes Mädchen umso mehr.
Ada D’Adamo starb im April 2023 an ihrer Krebserkrankung. Wenige Monate später erhielt sie den wichtigsten italienischen Strega Preis posthum. Das Buch ist in Italien zum Bestseller geworden.
Der Abschiedsbrief Ada D’Adamos an ihre schwerbehinderte Tochter ist durchzogen von tiefem Leid. Gleichzeitig zeugt der Text von einer unbezähmbaren Kraft und unerschütterlichem Willen, ein schweres Schicksal anzunehmen, wie es ist, und damit zu leben.
So löst diese Bestandsaufnahme mütterlicher Emotionen nicht nur Betroffenheit aus, sondern bereichert gleichermaßen.
Ada D’Adamo: Brief an mein Kind.
Übersetzung aus dem Italienischen: Karin Krieger.
Eisele, September 2024.
192 Seiten, gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.