Tom Callaghan: Erbarmungsloser Herbst

Akyl Borubaew, Inspektor der Mordkommission in Bischkek, Kirgisistan, glaubt nicht daran, alt zu werden. Sein Job ist extrem schmutzig und gefährlich, seine Gegner sind skrupellos, und die Politik in Gestalt des Ministers für Staatssicherheit ist auch nicht ohne.

In der Vergangenheit hat Akyl dem Minister so manche Gefallen erwiesen, die an der Grenze oder auch jenseits der Legalität waren. Inzwischen kennt er zu viele Geheimnisse, die ihn in ernsthafte Gefahr bringen. Sein neuer Auftrag sieht deshalb auch nach Erpressung aus. Der Minister zeigt ihm die beiden Alternativen: Entweder Auftrag erfüllen oder sofort durch die Hand der Kollegen sterben. Akyl entschließt sich für eine mögliche spätere Ermordung. Bisher hatte er mit viel List seine Kontrahenten in Schach gehalten, vielleicht gelingt es ihm bei der Kontaktaufnahme mit den Drogenbaronen im eigenen Land oder in Bangkok wieder.

Der englische Autor Tom Callaghan begann seine Thrillerserie um den kirgisischen Inspektor Akyl Borubaew 2015 und ging mit ihm durch die Jahreszeiten Blutiger Winter, Tödlicher Frühling und Mörderischer Sommer. In diesem Jahr schließt sich der Kreis der Jahreszeiten, der insgesamt von Sepp Leeb und Kristian Lutze übersetzt wurde.

Akyl ist im Herbst angekommen. In seinem unter Armut leidenden Land wird gemordet, intrigiert und korrumpiert, als gäbe es kein Morgen. Sehr anschaulich beschreibt er ein wildes Durcheinander aus Machtkämpfen zwischen der Polizei, der Politik und den kriminellen Banden. Da kann schon die kleinste Unachtsamkeit den Sieg und das Leben kosten. Akyl ist der Meinung, dass man Geheimnisse am besten nicht teilt, dann kann man auch nicht verraten werden. Seine zeitweilige Geliebte und Vertraute verdient als erfolgreiche Profikillerin ihren Lebensunterhalt. Mal ist sie für ihn die Retterin in der Not, mal revanchiert er sich, aber letztendlich kämpft jeder für sich allein. Tom Callaghan zeigt eine Welt, in der die schönen Momente selten und die klassische Blutrache allgegenwärtig ist. Als Leser kann man daraus die unterschiedlichsten Schlussfolgerungen ziehen. Eine dürfte die blutige Seite eines Machterhalts um jeden Preis sein. Geschäft ist bekanntlich Geschäft. Und nur ein Reicher kann auch mächtig sein. Handelskriege um Drogenrouten und Kunden sind in diesem Thriller viel mehr als nur ein Schachspiel mit lebenden Spielfiguren. Akyl, der in dem Spiel um Macht den Rang eines Bauern innehat, glaubt, dass auch die entbehrlichste Spielfigur aus der ersten Reihe einen König schlagen kann. Doch was bleibt am Ende übrig?

Tom Callaghan: Erbarmungsloser Herbst.
Atlantik, Oktober 2019.
352 Seiten, Taschenbuch, 12,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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