Am 18. Mai wird Thomas Gottschalk 65 Jahre alt. Dass er dann zu den Pensionären gehört und in einer Autobiografie schon jetzt auf sein Leben zurückschauen muss, kann man sich kaum vorstellen, so „herbstblond“ und schelmisch, wie der Showmaster einem vom Cover entgegenschaut.
Gottschalk ist auch beim Schreiben ein Entertainer. Dies ist ein Buch wie eine TV-Show („Ich schreibe, Sie lesen“) – mit einem Warm-up zu Beginn, Kapiteln die Songtitel seiner Jugend tragen. Bei einer Tüte Gummibärchen kann man in kaum mehr Zeit, als manche „Wetten dass…?“-Show gedauert hat, diese Biografie hintereinander weglesen und wird dabei glänzend unterhalten.
Dabei ist Gottschalk nicht nur der Dauer-Optimist, Alles-Schönredner und Glückspilz – er schreibt auch tiefgründig über Glaube, Liebe, Hoffnung und den Tod.
Von der Kindheit in Kulmbach, wo er auch mal Geld geklaut hat, vom Tod des Vaters und den ersten Anfängen 1972 beim Radio und 1976 beim Fernsehen erzählt der Mann, der von sich selbst sagt „Ich war der, der auf einer Glatze Locken drehen konnte“. Zu „Wetten dass…?“ ab 1987 und der Late-night-Show bei RTL fünf Jahre später nimmt er die Leser hinter die Kulissen mit. Natürlich schreibt der Entertainer auch, wie er den Unfall von Samuel Koch 2010 erlebt hat. Über eine „Ausstiegsstrategie“ von dem Fernseh-Schlachtschiff habe er sich aber schon Monate vorher nachgedacht.
Der zweite Teil des Buches ist privater. Da erzählt Gottschalk von Ehefrau Thea, den beiden Söhnen, Freundschaften mit Gunter Sachs, Hans Riegel, Marcel Reich-Ranicki und Günther Jauch. Und vom Leben in den USA, von Reichtum, Spielfilmen und Preisen.
„Ich lebe in der Wahnvorstellung, ewig Kind sein zu wollen – zur Not eben ein altes Kind“, schreibt Thomas Gottschalk. Und genau dafür lieben wir ihn und auch dieses Buch.
Thomas Gottschalk: Herbstblond: Die Autobiographie.
Heyne, April 2015.
368 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Julia Gaß.