Theresa Bäuerlein & Friederike Knüpling: Tussikratie: Warum Frauen nichts falsch und Männer nichts richtig machen können

tussiBefiel mich doch schon länger ein diffuses Unbehagen, wenn es um die Diskussion über benachteiligte Frauen ging. So ein leises Andenken von „ja, aber du hättest auch als Mann nicht über Jahre im Beruf aussetzen können und dann erwarten, beim Wiedereinstieg gleich die Karrieretreppe hochgeschubst zu werden“. Das Buch war also nicht etwa eine Offenbarung, aber es hat mir gezeigt, dass ich doch nicht so ganz alleine stehe mit meiner Denkweise. Das Problem hat sogar einen Namen bekommen, „Tussikratie“. Gemeint damit ist die Meinungsherrschaft der lauten Damen, die ihre Gespräche untereinander auf die Sichtweise beschränken, dass sie nur deswegen im Leben erfolglos (wobei die Definition von Erfolg auch eine ganz eigene ist), weil sie Frauen und als solche benachteiligt seien.

In thematisch sauber abgegrenzten Kapiteln gehen die beiden Autorinnen Behauptungen nach, die schon viel zu tief in unser Unterbewusstsein gedrungen sind, wie z.B. der Legende vom Gender Pay Gab, die sich in der näheren Betrachtung als zwar mit realem Hintergrund erweist, aber eben in der Simplifizierung, in der sie gerne genutzt wird (Frau und Mann, gleiche Ausbildung, gleiches Alter, gleicher Job = ungleiche Bezahlung) als Legende erweist.

Die Autorinnen prangern die Opferrolle an, in die die Frauen in der modernen Feminismusdebatte gedrängt werden, auch dadurch, dass dort ein Frauenbild vorgegeben wird, wie es es nicht geben kann, weil Frauen immer noch – genau wie Männer – Individuen sind. Nicht der Feminismus an sich ist es, an dem sie sich reiben, sondern nur die Debatte, die einzig und allein die Karrierefrau als erstrebenswertes Ziel betrachtet und alle Frauen dorthin treiben möchte. Das einzige was die moderne Frau daran hindert, Karriere zu machen, sei es eben, dass sie eine Frau ist (sagt die Debatte). Dabei wird gerne vergessen, dass Vorstandsvorsitzendensessel auch für Männer eher rar gesät sind. Somit wird klar, dass Frauenquoten das Problem nicht etwa lösen können, sondern eher verschärfen. Es kann nicht gut für einen Menschen sein, wenn sein Geschlecht für seine Arbeit überhaupt in der Diskussion steht.

Insgesamt fand ich das Buch gut lesbar und auch weitestgehend nachvollziehbar und glaubwürdig. Die Autorinnen haben neue Denkanstöße gegeben und dieses unglaublich passende Wort „Tussikratie“ erfunden. Allein dafür hat sich das Lesen schon gelohnt.

Theresa Bäuerlein & Friederike Knüpling: Tussikratie: Warum Frauen nichts falsch und Männer nichts richtig machen können.
Heyne, April 2014.
320 Seiten, Taschenbuch, 16,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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