Jasmin Schreiber: Der Mauersegler

Mauersegler verbringen fast ihr ganzes Leben im Flug, selbst im Schlaf sind sie in der Luft.

Die Hündin Laika ist ganz allein in ihrer Raumkapsel gestorben.

Menschen machen manchmal die schlimmsten Dinge und haben doch die besten Absichten.

Prometheus rast im Auto, in seiner „Arztkutsche“, wie sein bester Freund Jakob sie genannt hat, gen Norden. Jakob ist nicht mehr da, er hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Prometheus war sein Arzt. Nun flieht er planlos und ohne Ziel – nur weg. Schuldgefühle und Verzweiflung bringen ihn immer wieder zum Schreien und Heulen.  Irgendwo am dänischen Strand versucht er, sein Auto ins Meer zu fahren. Der Versuch misslingt. Er wird von zwei älteren Frauen aufgestöbert.  Sie helfen ihm, sein Auto aus dem Sand zu ziehen und bieten ihm ein Zimmer auf dem Hof an. Aslaug und Helle führen ein einfaches und naturverbundenes Leben auf ihrem Pferde-Hof. Prometheus darf in einem ihrer Gästezimmer wohnen und die Miete mit Arbeit im Stall abgelten. Weiterlesen

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Isabell Beer: Bis einer stirbt: Drogenszene Internet

Mit 13 raucht Leyla ihren ersten Joint, ihr wird übel davon, doch sie will unbedingt die berauschende Wirkung spüren, von welcher die anderen schwärmen. Irgendwann funktioniert es und von da an raucht sie regelmäßig. Später kommen andere Drogen dazu, Kokain, Pep, schließlich auch Heroin. Sie will alles ausprobieren.

Josh hat seinen ersten Kontakt mit Marihuana mit 15 im Internat. Das Rauschmittel wird Teil seines Alltags, daran ändert sich auch nichts, als seine Eltern ihm wieder nach Hause holen. Die Schule wird immer uninteressanter, irgendwann geht er nicht mehr hin. Er experimentiert mit verschiedenen Stoffen, mit Amphetaminen, Ecstasy, mit Kräutermischungen, Marihuana, verschiedenen Medikamenten und Research Chemicals. Mehrere Male überlebt er nur knapp. Mit 19 stirbt er an einer Überdosis, bei der Obduktion wird eine Mischung verschiedener gefährlicher Stoffe nachgewiesen. Auf dem Buchcover steht vor seinem Namen ein Kreuz.

Beide Jugendlichen kommen aus einem fürsorglichen Elternhaus. Joshs Eltern trennen sich einvernehmlich und ohne Streit, nachdem er aus dem Internat zurückkommt, und ich hatte beim Lesen seiner Lebensgeschichte nie den Eindruck, dass seine Sucht Resultat dieser Trennung war. Sowohl Josh als auch Leyla werden Teil einer Community, Josh, der vorher nur für Computerspiele Interesse gezeigt hatte, schließt sich verschiedenen Gruppen im Internet an, findet online neue Freunde. Weiterlesen

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Paolo Cognetti: Das Glück des Wolfes

Paolo Cognetti entführt seine Leser in die Alpen, in raue Natur und grandiose Schönheit. Hier, inmitten von hohen Bergen, Gletschern und Naturgewalten, begegnen wir drei unterschiedlichen Menschen. Der Roman begleitet die Protagonisten über ein Jahr, zeigt sie in unterschiedlichen Jobs und Begegnungen, begleitet sie bei ihren Entscheidungen.

Der Schriftsteller Fausto findet nach der Trennung von seiner langjährigen Freundin Zuflucht dem kleinen Bergdorf Fontana Fredda am Fuße des Monte Rosa Massivs. Dort verdient er seinen Lebensunterhalt als Koch in der Dorfkneipe „Babettes Gastmahl“. Auch Silvia arbeitet bei Babette – als Kellnerin. Santorso, im Winter Schneeraupenfahrer auf der Skipiste und ehemaliger Forstpolizist, ist Stammgast im Lokal.

Zwischen Fausto und Santorso entwickelt sich im Verlauf des Jahres eine lose Freundschaft. Zwischen Fausto und Silvia entspinnen sich gleich zu Beginn unsichtbare Fäden, sie umwerben sich und werden ein Paar. Schlafen miteinander, erzählen sich von ihrem Leben und ihren Träumen. Beide sind auf der Suche – nach einem Platz, einem Ziel, einem Zuhause. Weiterlesen

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Margaret Atwood: Drei drollige Dramen

Laut Duden handelt es sich bei einer Alliteration um eine Stilfigur, bei der die betonten Silben aufeinanderfolgender Wörter den gleichen Anlaut haben. Wer wissen will, wie weit sich das Spiel mit dem Stabreim treiben lässt, dem empfehle ich dringend die Lektüre von Margaret Atwoods Buch für Kinder und Erwachsene „Drei drollige Dramen“. Es enthält, wie der Titel schon verrät, drei witzige Abenteuer, die sich jeweils einem oder zwei Buchstaben widmen

In Rüpel Ramsey und die rebellischen Radieschen rollt das R durch alle Sätze. In der Geschichte von Bedauernswerter Bob und düstere Dorinda werfen sich B und D die Bälle zu. Das W zeigt seine Wandlungsfähigkeit in Wandernde Wanda und Witwe Wischwaschs Wunderwäscherei. Schon die Überschriften lassen erahnen, was den Leser erwartet. Ein großes Lob geht dabei auch an den Übersetzer Ebi Naumann, der für den englischen Stabreimspaß ein gelungenes deutsches Äquivalent geschaffen hat.

Die Helden in Margaret Atwoods fantastischen Geschichten haben zunächst reale Probleme, und sei es nur die die rummotzende Restfamilie von Rüpel Ramsey, welche diesen veranlasst, Reißaus zu nehmen. Weiterlesen

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Hervé Le Tellier: Die Anomalie

Am 11. März 2021 gerät ein Flugzeug der Linie Air France auf seinem Weg von Paris nach New York kurz vor dem Ziel in einen schweren Gewitter- und Hagelsturm. Es gelingt dem Piloten, die Herrschaft über die Maschine zu behalten. Etwas angeschlagen landet sie schließlich auf dem Kennedy Airport.

Am 24. Juni 2021 befindet sich erneut ein Flugzeug der Linie Air France im Landeanflug auf New York. Der Pilot behauptet, soeben durch einen schweren Sturm geflogen zu sein. Nur, dass es an diesem Tag keinen Gewittersturm gab und die Maschine auch in keinem Flugplan vorgesehen ist. Sie wird von zwei Kampfflugzeugen zu einer Air Force Base in New Jersey eskortiert. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine exakte Kopie der am 10. März gelandeten Maschine handelt. Der französische Autor Hervé Le Tellier beschreibt in seinem spannenden Roman die Folgen, welche ein solches Ereignis auslösen könnte.

In alle Eile werden zunächst Experten zusammengetrommelt, sie sollen eine Erklärung dafür finden, dass ein nahezu identisches Flugzeug mit genetisch identischen Passagieren und Crewmitgliedern auftaucht. Le Tellier lässt Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete die verrücktesten Theorien entwickeln. Weiterlesen

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Wolfgang Knauer: Black and Blue: Louis Armstrong, sein Leben und seine Musik

Black and Blue ist der Titel eines Songs von Fats Weller, den Louis Armstrong durch eine kleine Änderung im Text zu einer Anklage gegen die Diskriminierung der Schwarzen werden ließ.

Black and Blue ist folgerichtig der Titel von Wolfgang Knauers neu aufgelegter und erweiterter Biographie über Old Satchmo.

Knauer beschreibt den Werdegang Louis Armstrongs, von der Kindheit in New Orleans bis zu seinem  Tod am 06. Juli 1971. Er geht ausführlich auf jede Station ein, ob Chicago, New York oder seine Auftritte in Europa und Afrika. Ich lese von seinen vier Ehefrauen, von Freunden, von seinen Lebensgewohnheiten und Vorlieben, auch von liebenswerten Schwächen. Knauer schildert Armstrongs Lebensverhältnisse, sei es am Anfang, als er in New Orleans auf der Straße sang und spielte, um Geld zu verdienen, sei es später, als er finanziell erfolgreich war.

Parallel dazu hat Wolfgang Knauer die Karriere des Musikers Armstrong dargelegt. Ich erfahre, was ihn zum Musiker gemacht hat, welche Einflüsse es gab, von wem er lernte und wer ihn förderte. Wegbegleiter, Kollegen, Bands werden ausführlich besprochen. Weiterlesen

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Malachy Tallack: Das Tal in der Mitte der Welt

Das kleine Tal im Norden der Shetlandinseln beherbergt nur fünf Häuser, und seine Bewohner könnten unterschiedlicher nicht sein. David lebt schon seit seiner Geburt hier, seine Frau Mary ist nach der Heirat zu ihm gezogen. Sandy ist mit Emma, der Tochter von David und Mary, hierhergekommen, doch Emma hat ihn verlassen und ist aufs Festland zurückgekehrt. Die Schriftstellerin Alice hat sich nach dem Tod ihres Mannes ein Häuschen gekauft und arbeitet nun an einem Buch über das Tal, seine Bewohner und seine Geschichte. Terry hat ein Alkoholproblem und wurde von seiner Frau verlassen. Ryan und Jo haben sich in ein vorher leerstehendes Haus eingemietet, um Miete zu sparen. Während also für die einen das Tal ein Ort fürs Leben darstellt, ist es für andere nur Zwischenstation.

Der Text fließt gemächlich dahin, so gleichmäßig wie das Leben im Tal. Die Jahreszeiten und das Wetter sind die bestimmenden Elemente. Das Klima ist rau, der Winter lang und Sonnentage sind eher selten. Der Rhythmus des Lebens wird zudem bestimmt von den Erfordernissen der Schafe, die als Nebenerwerb gehalten werden. Vor allem in Szenen, die den Umgang mit den Tieren beschreiben, werden starke Emotionen spürbar.

Abgesehen davon bleibt der Text distanziert beobachtend. Mir fällt dabei auf, dass Tallack offene Konfrontationen meidet. Weiterlesen

John Ryan Stradal: Die Bierkönigin von Minnesota

Ich gebe zu, dass ich dieses Buch in die Leseliste aufgenommen hatte, war ein Freud’scher Verleser – ich hatte „Bienen“ statt „Bier“ gelesen. Daher habe ich die Lektüre auch ein wenig vor mir hergeschoben. Doch einmal angefangen, konnte ich die Geschichte kaum mehr aus der Hand legen – das Buch hat mich von der ersten Seite gepackt.

Im Zentrum des Romans stehen drei Frauen: Helen, die mit 15 zum ersten Mal Bier getrunken hat, lebte von da an nur für ein Ziel – sie wollte selbst Bier brauen. Um ihre Brauerei finanzieren zu können, überredete sie ihren Vater, seine Farm zu verkaufen und ihr das gesamte Erbe zu überlassen. Ihre Schwester Edith ging leer aus und verweigerte fortan den Kontakt Helen.

Nach dem Unfalltod ihrer Tochter nimmt Edith ihre 15jährige Enkelin Diana bei sich auf. Diese unterstützt ihre Oma, indem sie neben der Schule arbeiten geht, aber auch durch den Verkauf gestohlener Werkzeuge. Bei einem dieser Einbrüche wird sie erwischt und einigt sich mit dem Besitzer auf einen Deal – sie darf in seiner Brauerei arbeiten, um die Schulden abzugelten. Dabei erliegt sie der Faszination des Getränkes. Weiterlesen

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Martin Becker: Kleinstadtfarben

Kommissar Peter Pinscher wird strafversetzt nach Mündendorf, wo er als Bezirksdienstbeamter eingesetzt werden soll. Heißt im Klartext: Bürgersprechstunde, Gewaltprävention an Schulen, Puppentheater in Grundschule und Kindergarten und was sonst noch anfällt. Der Grund: Pinscher hält sich nicht an Regeln und fällt immer wieder durch ruppiges Verhalten gegenüber Bürgern und Kollegen auf.

Also Versetzung, muss er akzeptieren. Von der Großstadt am Rhein in die Kleinstadt am Rand des Mittelgebirges – Mündendorf – ausgerechnet Mündendorf. Da kommt er her. Da steht das Häuschen, indem er seine Kindheit verbracht hat. Da wohnt seine demente Mama im Altersheim.

Letzteres ist ist zumindest ein Pluspunkt. Für seine Mama tut er alles und nun kann er sie täglich besuchen.

Auf der Minusseite: In Mündendorf trifft er auf alte Schulkameraden – vor allem auf Goranek, der jetzt sein Chef ist. Und was außer ihm keiner weiß: In Mündendorf holen ihn die Ängste ein, vor denen er schon seit langem davonläuft. Vor allem sein Elternhaus, welches er ohne Wissen seiner Mutter verkauft hatte, birgt viele schlimme und schreckliche Erinnerungen. Weiterlesen

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Pajtim Statovci: Grenzgänge

Manche Bücher eröffnen neue Welten. „Grenzgänge“ von Pajtim Statovci ist eines davon. Der Roman erzählt die Geschichte von Bujar, der ein Junge ist, aber ein Mädchen sein möchte. Erzählt von Flucht und der Suche nach Wertschätzung und nach Liebe.

Bujar wächst in Albanien auf, beim Sturz der letzten kommunistischen Regierung ist er vierzehn Jahre alt. Kindheit und Jugend sind geprägt von den Geschichten, die der Vater erzählt – von Helden und Gleichnissen, von Skanderbeg und dem Adler und vom Stolz darauf, ein Albaner zu sein.

Im Frühling 1991 stirbt sein Vater, seine Schwester verschwindet und die Mutter versinkt in Trauer.  Bujar verlässt mit seinem Freund Agim sein Elternhaus. Im Sommer 1992 kaufen sie sich ein kleines Motorboot und wagen die Überfahrt nach Italien.

Bujar verbringt mehrere Jahre in Rom, wo er seine Träume von einem erfolgreichen Leben schwinden sieht. Er ertrinkt fast in dem Gefühl, unbedeutend zu sein, wagt schließlich nach einem misslungenen Selbstmordversuch einen neuen Anfang. Die Suche nach dem neuen Leben führt ihn nach Berlin, Madrid, New York und schließlich nach Helsinki. Er gibt sich mal als Mann, oft als Frau, erfindet seine Lebensgeschichte immer wieder anders. Weiterlesen

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