Silvia Jelincic: Wir im besten Alter

Greta, Ximena, Lilly, Nadine und Burglind wohnen alle fünf in Wien, sind alle Mitte vierzig und miteinander befreundet. Außerdem verbindet sie eine gewisse Langeweile und die Angst vor dem Altwerden. Obwohl keine von ihnen nennenswerte Probleme hat, ist ihnen das Leben in seiner momentanen Form nicht genug. Sie wollen Abenteuer, jung und schön sein und unbeschwert. Vier sind verheiratet, eine hat einen Langzeitlover, der ebenfalls verheiratet ist. Drei haben Kinder, zwei sind freiwillig kinderlos.

Um Pep in ihr Leben zu bringen, schließen sie einen Pakt. Jede von ihnen soll ihre „besten Jahre“ auf ihre Weise genießen. Das machen die Damen auch und in Folge geht es dann fast ausschließlich um Sex. Ximena engagiert zum Beispiel einen Detektiv, der mögliche Liebhaber für sie ausspioniert, Burglind nimmt sich die Männer ohnehin wann und wo sie will und Lilly hatte noch nie einen Orgasmus, was sie schleunigst ändern will.

Dazu lässt die Autorin sie mit real existierenden Personen in Dialog treten, von denen sie vor dem Erscheinen des Buches das Einverständnis mit dem im Text Geschriebenen eingeholt hat. Es sind dies der Wiener Dompfarrer Toni Faber, der Kabarettist Michael Buchinger, die Psychotherapeutin Gerti Senger, der Psychiater Raphael Bonelli und der Dragqueen-Künstler Mario Soldo. Sie beraten Lilly. Auf Kinder und Ehemänner wird in diesem Buch zwecks Lebensoptimierung der Protagonistinnen keinerlei Rücksicht genommen. Einer von den Gatten entpuppt sich ebenfalls als Fremdgänger, da ist eh schon alles egal. Wer es in diesem Buch wie mit wem treibt, mag man gerne selber nachlesen. Letzten Endes kommen die Damen zu dem Schluss, dass man schätzen soll, was man hat, richtige Männer Frauen mit Charakter wollen (Frage: Haben die fünf Charakter??) und dass das Älterwerden viele Vorteile hat. Alles klar. Was für eine Erkenntnis. Am Schluss gibt es dann keinen schönen Grund, zusammenzuhalten, weil eine von ihnen schwer erkrankt.

Im Stil von „Young Adult“

Stilistisch schließt dieser Roman an „Young Adult“ an, wobei es dort Bücher gibt, die weitaus eloquenter ihre Geschichten an die Frau bringen. Vielleicht war es die Absicht der Autorin mit „Wir im besten Alter“ im Fahrwasser dieses Hypes ein Buch für „junggebliebene“ Damen zu schreiben im Sinne von „Old Adult“. Das ist meiner Meinung nach nicht gelungen. Auch muss man bei den wechselnden Perspektiven dauernd nachschauen, wer denn nun wer ist. Gott sei Dank gibt es auf den Seiten acht und neun wie in einem Kinderbuch gezeichnete Porträts der Protagonistinnen und eine Kurz-Vita. Identifizieren konnte ich mich mit keiner von ihnen. Und wenn die Autorin schreibt, sie habe „über Jahrzehnte hinweg die wahren Geschichten meiner Freundinnen gesammelt und daraus einen Roman gemacht“, muss man sich ernstlich fragen: Quo vadis, Abendland …

Silvia Jelincic: Wir im besten Alter.
Edition a, Oktober 2024.
381 Seiten, Taschenbuch, 20,00 €.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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