Samuel Burr: Das größte Rätsel aller Zeiten

Auf ungewöhnliche Weise erzählte Geschichte über die Suche nach Zugehörigkeit

Rätsel – wer liebt sie nicht. Kreuzworträtsel, Bilderrätsel, Geheimcodes, Puzzles, Labyrinthe: All das erdenken und erschaffen die Mitglieder der „Gemeinschaft der Rätselmacher“. Diese außergewöhnlichen Menschen haben sich zusammengefunden dank der Initiative von Pippa Allsbrock.

So erzählt dieser Roman vor allem ihre Geschichte, die Geschichte einer Frau, die stets ihren Weg ging, für ihre Rechte als Frau kämpfte und dabei viele Opfer brachte. Vor allem hat sie es nie geschafft, eine Familie zu gründen, nie den Mann fürs Leben gefunden. Also wird die Gemeinschaft, die sie 1979 gründet, ihre Ersatzfamilie. Mit der sie schließlich sogar in eine Hausgemeinschaft zieht.

Aber der Roman erzählt auch die Geschichte von Clayton Stumper, Ziehsohn Pippas, den sie eines Tages in einer Hutschachtel vor ihrer Haustür fand, als noch ganz kleines Baby. Das ist nun 25 Jahre her und seither wuchs er inmitten der Rätselmacher auf. Niemals erfuhr er, woher er kam, wer seine Mutter, wer sein Vater ist. Nun stirbt Pippa und hinterlässt ihm dieses Rätsel. Für die Lösung hat sie ihm viele Brücken gebaut, die ihn, der kaum unter Gleichaltrigen verkehrte und den inzwischen sehr alt gewordenen Rätselmachern quasi den Haushalt führt, aus dem Haus und in die Welt locken sollen.

Daher macht sich Clayton, zuerst verängstigt und gehemmt, nach und nach aber Geschmack an dem Abenteuer findend, auf den Weg, seine Herkunft zu ergründen. Was er dabei erlebt, welche Rätselfragen Pippa ihm gestellt hat, welchen Menschen er begegnet, dabei folgt man ihm auf seiner Reise, die ihn vor allem zu sich selbst führt.

Dazwischen eingeschoben in vielen Rückblicken die Geschichte Pippas und der Rätselgemeinschaft, die Beschreibung der Beziehung der so unterschiedlichen und so eigenwilligen, aber liebenswerten Charaktere zueinander, die Probleme und Freuden, die sie teilen, die Schwierigkeiten, die sie überwinden müssen. Und vor allem die Erzählung von Pippas Leben, das sie nach und nach ganz in den Dienst der Gemeinschaft stellt, die für sie zur Familie wird. Vor allem darunter ihre Freundin Nancy, Taxifahrerin in London und jüngste im Kreis der Rätselmacher.

Der Roman ist ganz wunderbar geschrieben, manchmal fast poetisch, mal drastisch, mal spannend, mal bewegend, aber immer authentisch und so, dass man sich gänzlich in die Figuren und in die Geschichte hineinfühlen kann. Jeder Charakter ist anders, ist bunt und vielfältig. Samuel Burr vermeidet jedes Klischee, jede Phrase, jedes schiefe Bild. Er wählt prägnante, plastische Bilder, dringt tief in seine Figuren ein, ohne sie bloßzustellen.

Dazu die immer gelungen eingefügten Rätsel, die zu lösen auch die Leserin selbstredend versucht. Hier ein großes Kompliment für die Übersetzung, die gerade hier ganz sicher eine große Herausforderung war.

In diesem gelungenen Debütroman geht es um Freundschaft, um den Glauben an sich selbst, um Vertrauen, Zusammenhalt, und natürlich um Rätsel. Es ist die Geschichte einer Suche nach etwas, was im Grunde von Anfang an vorhanden war, die Suche nach Wurzeln, nach einer Familie, Zugehörigkeit, Geborgenheit. Und schließlich die ewige Suche nach Liebe.

Ein Roman, der sich angenehm aus dem üblichen Einerlei heraushebt, fesselnd, empathisch und deswegen uneingeschränkt und aus vollem Herzen zu empfehlen.

Samuel Burr – Das größte Rätsel aller Zeiten
aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet
DuMont, August 2024
Gebundene Ausgabe, 448 Seiten, 24,00 €

Diese Rezension wurde verfasst von Rena Müller.

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