„Probiere es aus: Stell dich breitbeinig hin, streck die Ellbogen nach außen und stemm die Fäuste in die Hüften – ja, ganz genau, wie Wonder Woman. Denk nicht nach, tu es einfach.“ (S. 123)
Das, was du da gerade machst, nennt sich Power Posing. Es signalisiert nicht nur Macht und Autorität, sondern bewirkt auch, dass deine innere Frauenpower nach außen strahlt. Spürst du es?
Ich muss zugeben, Rebekka Reinhards neues Werk hat mich absolut positiv überrascht und begeistert. Ihre klugen Statements sind so erfrischend offen und ehrlich, dass es beinah weh tut. In ihrem („no bullshit“-)feministischen Manifest schreibt sie über die Rolle der modernen Frau, die permanent Super Woman spielt und tausend Dinge gleichzeitig tut, plant und bedenkt. Dabei lebt sie mit dieser Angst, nicht mitzukommen, zu versagen, aufzufallen, nicht anerkannt zu werden, ungeliebt zu sein.
„Solange wir unseren Super-Woman-Fleiß in unbewusster Komplizenschaft mit dem bestehenden System perfektionieren, ändert sich nichts. Wir ackern und ackern und strampeln uns ab. Zum Trost hat man uns ein tolles Spielzeug mit vielen bunten Apps in die Hand gedrückt.“ (S. 102)
Auf deinem Display strahlen dich die superschönen Erfolgsfrauen an, schenken dir Herzchen, du herzt zurück und fühlst dich total elend.
Doch der Erfolg des digitalen Kapitalismus passt perfekt ins Design des Storytellings.
„Hauptsache, du hast eine gute Geschichte. Ob Wahrheit oder Lüge, ist für die neoliberale Selbstvermarktung unerheblich.“ (S. 103)
Zwischen den Zeilen funkelt die philosophische Ader der leidenschaftlichen Philosophin durch. Dabei schenkt sie uns wertvolle Anregungen zu Fragen wie: Bin ich normal? Warum hört kein Mann mir zu? Darf ich auch mal ausflippen? Was zählt Erfolg? Oder auch: Bin ich zu introvertiert?
„Alle reden von Diversity und Mindfulness, doch kaum jemand traut sich wirklich divers und mindful zu sein. Kein Wunder. Die Welt gehört den Extravertierten. Jenen, die ständig unterwegs sind, kein Event auslassen, nie allein sind und nie rot werden.“ (S. 186)
Diese bemerkenswert sinnreiche Lektüre schafft mit ihren inspirierenden Denkanstößen bedeutsame Bewusstseinsimpulse fernab des Ego-Feminismus und regt zum tiefgründigen Reflektieren über sich selbst an. Ich bin mir sicher, dass Rebekka damit viele Frauen und auch interessierte Männer erreichen wird.
Meine Rezension möchte ich mit folgendem Zitat der Autorin abschließen:
„Lass deine Zweifel an der Masse zu. Sag Nein, wann immer dein Inneres Nein schreit – und Ja zu dem, was wirklich zählt. Mit Mut kannst du nur gewinnen: ein Leben, das deins ist, weil es jenseits der Herde stattfindet.“ (S. 212)
Rebekka Reinhard: Die Zentrale der Zuständigkeiten: 20 Überlebensstrategien für Frauen zwischen Wollen, Sollen und Müssen.
Ludwig Buchverlag, Juni 2022.
240 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.