Philipp Oehmke: Schönwald

Der Leiter des New Yorker Spiegel-Büros Philipp Oehmke seziert in seinem Debütroman „Schönwald“ eine Hamburger Familie. Mindestens vier der fünf Schönwalds tragen Geheimnisse, Lebenslügen oder falsche Entscheidungen in der Vergangenheit mit sich herum, die sie belasten und bei denen es ihnen immer schwerer fällt, sie noch länger zu verbergen. Grundproblem der Familienmitglieder ist seit Langem, dass sie nicht miteinander sprechen. Sohn Chris beispielsweise ist schon lange kein Professor mehr, obwohl er als solcher als das leuchtende Aushängeschild der Familie gilt, und Mutter Ruth hat bei einer lange zurückliegenden mehrwöchigen Auszeit in Hamburg nicht nur versucht, eine universitäre Laufbahn einzuschlagen. All das verschweigen sie konsequent.

Bei der Eröffnung eines queeren Buchladens von Tochter Karolin kommt die Familie zusammen. Doch die Eröffnung geht schief, weil eine Gruppe Demonstrierer Steine auf den Laden wirft. Karolin habe ihn mit ererbtem Nazigeld finanziert, so lautet ihr Vorwurf.

Oehmke entblättert seine Handlung langsam anhand zahlreicher Rückblenden. Es ist erstaunlich, wie tief und glaubhaft sich der Autor dabei in die Köpfe seiner so unterschiedlichen Protagonisten versetzen kann. Das hat Klasse, und auch wenn der Vergleich etwas überzogen scheint: Das erinnert zuweilen an die Romane der ganz Großen unserer Zeit wie etwa Jonathan Franzen, Richard Ford oder Ian McEwan.

Sollte Philipp Oehmke neben seiner journalistischen Tätigkeit beim literarischen Schreiben bleiben, was man sich als Leser nur wünschen kann, könnte ihm eine große Karriere als Schriftsteller bevorstehen.

Philipp Oehmke: Schönwald.
Piper, Juli 2023.
544 Seiten, Gebundene Ausgabe, 26,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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