England, 1627: Für Bess bricht eine Welt zusammen, als die Pest einen Großteil ihrer Familie dahinrafft. Sie selbst überlebt die Krankheit auf wundersame Weise. Von ihrer Familie ist nur ihre Mutter noch an Bess Seite geblieben und die beiden schlagen sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Doch dann taucht ein Hexenjäger in der Stadt auf und Bess‘ Mutter wird mit einer älteren Frau zusammen als Hexe angeklagt. Sie ist chancenlos und scheint tatsächlich einen Pakt mit dem Teufel eingegangen zu sein. In ihren letzten Minuten schickt sie die Tochter zu dem geheimnisvollen Gideon Masters, der ihr angeblich weiterhelfen kann.
England, 2007: Elizabeth lebt abgeschieden von einem kleinen Örtchen am Waldrand. Die Menschen scheut sie so gut es geht. Nur für das Allernötigste mischt sie sich unter die Bewohner. Als die Teenagerin Tegan sich für sie zu interessieren beginnt, ist das Elizabeth nicht gerade recht. Wie wird man lästige Beobachter und neugierige Mädchen los? Doch schon bald merkt Elizabeth, dass sie ihr bestgehütetes Geheimnis vielleicht vor Tegan nicht zu verstecken braucht.
Zugegeben, dieser Roman beginnt sterbenslangweilig. Man lernt eine Kräuterfrau um die 50 Jahre kennen, die in ihrer Einöde Pflanzen hegt, Öle herstellt und sich mit der Natur verbunden fühlt. Viele Seiten passiert einfach nichts. Gar nichts. Warum „Die Tochter der Hexe“ dennoch empfehlenswert ist? Weil es nicht so weitergeht. Als Tegan auf der Bildfläche erscheint, nimmt die Geschichte Fahrt auf und führt in den Erzählungen von Elizabeth an verschiedene Orte der knapp letzten 350 Jahre der Geschichte, alle in Großbritannien, teilweise recht geschichtsträchtig. Und all diese Ereignisse hat Elizabeth tatsächlich miterlebt! Es stellt sich heraus, dass sie eine Hexe ist, die nur sehr langsam altert. Deswegen zieht sie oft um und es fällt so schnell niemandem auf. Nur vor einer Sache hat sie Angst: Dass Gideon sie wieder finden könnte.
Denn das ist ihr in der Vergangenheit leider öfter passiert und er trachtet ihr noch immer nach dem Leben nachdem ihre Beziehung damals, nun, sagen wir nicht so perfekt für ihn ausging. Nach dem holprigen Beginn wird „Die Tochter der Hexe“ also doch noch teuflisch spannend und vor allem abwechslungsreich. Man lernt verschiedene Jahrhunderte kennen, meist hat Elizabeth in ihnen einen Beruf oder eine Tätigkeit, die im weitesten Sinne mit der Medizin zu tun hat. Heimlich setzt sie auch oft ihre Kräfte ein, um den Menschen zu helfen.
Ihr gegenüber steht in der Haupthandlung die junge Tegan, die sofort fasziniert ist von all den Gesundheitsölen, Kräutern und der Nähe zur Natur. Sie könnte tatsächlich eine gute Hexenschülerin für Elizabeth sein und so lässt sie sich darauf ein, das junge Mädchen näherkommen zu lassen. Nicht ohne Folgen, denn diese Idee verändert nicht nur Tegan.
Alles in allem ist „Die Tochter der Hexe“ ein guter Roman, der nach Startschwierigkeiten abwechslungsreich und toll wurde!
Paula Brackston: Die Tochter der Hexe.
Heyne, Februar 2019.
512 Seiten, Taschenbuch, 16,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.