Patrick Tschan: Eine Reise später

reiseEs geht um das erste Mal, die erste große Liebe, die ersten riesigen Enttäuschungen, so dass man auch mit zarten sechzehn, oder grade deswegen, oft nicht mehr weiter leben will. Diese Erlebnisse sind so prägend, dass man sie, auch zig Jahre später, auf der Haut oder im Herzen, oder alternativ in der Magengrube, spürt. Dann, wenn man mit etwas Damaligen konfrontiert wird und sich die Synapsen der Erinnerung zusammenschließen. Ich glaube jeder kennt das. Der berühmte japanische Schriftsteller Haruki Murakami – schon lange ein Nobelpreiskandidat – beschreibt dieses Phänomen eindringlich, fast schmerzhaft in seinem Roman „Gefährliche Geliebte“. Das Gesicht, das erste ernsthafte Verliebt sein, vergisst man nicht. Astrid und Schmied waren in jungen Jahren, von der Pubertät bis fast Mitte zwanzig, mehrmals leidenschaftlich zusammen. Nach dem vierten Versuch war es das. Aus. Und aus dem Sinn. Dachte er. Durch Zufall wird Schmied, mittlerweile sind beide jenseits der fünfzig, auf die Stimme von Astrid aufmerksam, die Zugansagen macht. Er sucht sie und findet sie. Sie freut sich sogar, ihn wieder zu treffen. Beiden geht es materiell gut und so beschließen sie eine Auszeit in Form einer Urlaubsfahrt zu den Zielen, die sie gemeinsam vor dreißig Jahren schon besucht haben. Es geht über Paris in die Normandie mit allerlei Begegnungen mit der Vergangenheit. Manches scheint sich gar nicht verändert zu haben, anderes gibt es nicht mehr. Aber sie verstehen sich prächtig, sowohl im Bett als auch drum herum und plaudern über das Leben. Irgendwann wird es ernster, denn zwischen ihnen steht noch Max, der – in der Zwischenzeit gestorben – damals Schmieds bester Freund war – der ihm aber Astrid „ausspannte“. Das alles ist nicht wirklich sensationell oder aufregend, sondern besticht eher durch das ruhige, reflektierte Herangehen an das Thema Leben. Ein Hauch von Existenzphilosophie, es geht alles nicht wirklich tief, man kommt eher heiter gestimmt aus der Lektüre. Genuss ohne Reue!

Patrick Tschan: Eine Reise später.
Braumüller Verlag, Oktober 2015.
200 Seiten, Gebundene Ausgabe, 21,90 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.

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