Zehn Bücher lang begleiten wir nun Mercy Thompson, die KFZ-Mechanikerin für Deutsche Autos bei ihren abenteuerlichem Leben. Mercy, die als Werkojotin bei einem Werwolfrudel aufwuchs hat sich in Tri-City einen Namen gemacht. Nicht nur hat sie die Alpha des örtlichen Werwolfrudels geheiratet, zu ihren Freunden gehören einer der mächtigsten Fae, ein uralter Vampir, eine Hexe, Polizisten und Goblins.
Das aber rückt sie auch ins Augenmerk gefährlicher Feinde. Der Herr der Nacht, Anführer der Europäischen Vampire will den gefährlichsten Übernatürlichen aus Tri-City in seine Gewalt bringen – und entführt Mercy. Dass es dieser gelingt zunächst nach Prag zu fliehen, verhindert dass er seinen Fehler früh bereut. Dann aber reist ihr Mann nebst ihren Freunden an – und die Welt steht an der Schwelle eines Krieges der übernatürlichen Völker …
Patricia Briggs hat über die Jahre ihre eigene übernatürliche Welt geschaffen, in der sie uns nicht nur von Mercys Abenteuern berichtet, sondern auch das Werwolfrudel ihres Ziehvaters in Romanen ins Zentrum stellt. Verbindend war diesen Büchern immer, dass dem Leser packende Plots mit starken, sich weiterentwickelnden Frauen in der Hauptrolle präsentiert wurde. Des weiteren fasst sich die Autorin, verglichen mit Kolleginnen recht kurz.
Vorliegender Roman ist anders. Schon vom Umfang her kommt uns das Buch als bislang längstes Werk der Serie entgegen. Und Briggs nutzt den Platz – zum schwafeln. Ähnlich, wie viele US-Amerikaner, die über das alte Europa mit seinen Fachwerkhäusern und Burgen schreiben, gerät sie ins Schwärmen. Leider aber vermag sie ihre Begeisterung nicht so überzeugend zu vermitteln, dass der Leser sich ihr anschließt. Dazu bleibt sie auch bei der Beschreibung der Gassen Prags, der alten Bauten und des mediterranen Flair zu oberflächlich.
Dabei sind eigentlich alle Ingredienzien ihres Erfolgsrezepts vorhanden. Mercy wird einmal mehr in ausweglose Situationen geschmissen, muss sich, allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz dank ihrer eigenen Findigkeit und ihres sprichwörtlichen Dickkopfes daraus befreien, und den Bösen zeigen, was eine Harke ist. Dazu gesellen sich interessante Gegenspieler – ein uralter Vampir, eine Vampirhexe und ein Werwolfrudel-Führer allesamt mit Reminiszenzen zur Nazi-Eroberung Tschechiens und gemeinsamer Historie. Das sorgt für jede Menge Verwicklungen und Geheimnisse, die ans Tageslicht gezerrt werden, und Dramatik pur.
So wechseln sich packende Szenen, wie wir sie von den Mercy Thompson Romanen gewohnt sind, mit gemächlichen Beschreibungen der architektonischen und kulturellen Errungenschaften des alten Kontinents ab, die den Plot verlangsamen und nicht wirklich überzeugen.
Patricia Briggs: Mercy Thompson 10: Stille der Nacht.
Heyne, Januar 2018.
480 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.