Marie-Helene Lafon: Die Quellen

Ein abgelegener Bauernhof in der Auvergne, 1.000 Meter hoch gelegen, Juni 1967. Der Bauer schlägt seine Frau. Jeden Samstag. Am Wochenende hat das Dienstmädchen frei und er legt Hand an seine Ehefrau. Weil sie stinkt, weil sie so fett geworden ist, weil sie bei der Arbeit langsam ist. Ein Grund findet sich immer.

Die Frau ist dreißig Jahre alt und hat drei Kinder. Sie bemüht sich panisch, ihrem Mann alles recht zu mache. Sie wäscht nicht einmal das Geschirr, während er auf dem Sofa sein Mittagsschläfchen hält. Eine einzige geschiedene Frau gibt es im Dorf. Sie wird behandelt wie eine Aussätzige. So will die Bäuerin nicht enden. Stattdessen erstarrt sie in Angst und die Kinder mit ihr. Sie sind schon so groß, sie sehen, was läuft. Während eines Besuches bei ihren Eltern im Dorf beschließt sie von einer Minute auf die andere, nicht mehr mit auf den Hof zu fahren. Auch die Kinder sollen bei ihr bleiben. Als Beweis zeigt sie ihrer Mutter ihren blaugeschlagenen Körper. Daraufhin gibt es im Text eine Zäsur und die Geschichte wird 1974 aus der Sicht des Mannes weitererzählt.

Mit wenigen Pinselstrichen skizziert die Autorin eine Familiengeschichte und die Geschichte eines Bauernhofes, zusammen mit der Angestellten, die dort arbeiten. Marie-Helene Lafon braucht die Dinge nicht bis ins Detail auszuleuchten. Man ist auch so im Bilde. Noch einmal wechselt die Erzählperspektive. Auch die Tochter Claire kommt zu Wort.

Fazit: Ein spannendes Buch, das Zwischenmenschliches meisterhaft offenlegt. Nicht umsonst zählt die Autorin zu den markantesten literarischen Stimmen Frankreichs.

Marie-Helene Lafon: Die Quellen.
Aus dem Französischen übersetzt von Andrea Spingler.
Atlantis, März 2024.
118 Seiten, Hardcover, 20,00 €.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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