Maria Turtschaninoff: Moorhöhe

Im 17. Jahrhundert bekommt Matts Mattsson Rask von der Krone für treue Dienste im damaligen Osten Finnlands, in Österbotten, ein Stück Land geschenkt. Er darf es urbar machen, einen Hof darauf bauen, seinen Lebensunterhalt davon generieren. Matts ist zäh, tüchtig und arbeitet unermüdlich, bis er dem Bodeneinen kleinen Acker abgerungen und ein Haus gebaut hat.

Er nennt den Weiler Nevabacka, Moorhöhe, und wird selbst zu Matts Mattsson Nevabacka, denn ein Bauer trägt den Namen seines Hofes. Bis ins einundzwanzigste Jahrhundert begleitet der Leser die Bewohner von Nevabacka, jeden die kurze Spanne seines Lebens lang. Eine wichtige Rolle spielt dabei immer die Natur, insbesondere das Moor, das seltsame Wesen hervorzubringen scheint, Ort alter Lieder und Legenden ist und für manchen zum Zufluchtsort wird.

Ins Moor flüchten Aussteiger und Verfolgte, im Moor träumen Kinder von unsichtbaren Naturgeistern, verführen geheimnisvoll anmutende Mädchen Menschenmänner. Freud und Leid gibt es auf Nevabacka und seinen Nachbarhöfen, mit denen es in Verbindung steht. Man durchlebt mit seinen Bewohnern fünf Jahrhunderte. In den 1980-er Jahren werden die letzten Tiere verkauft. Das Leben in der Einöde erscheint Ende des zwanzigsten Jahrhunderts der aktuellen jungen Generation nicht mehr erstrebenswert.

Nur die Alten bleiben zurück, die Jungen gehen in die Stadt und werden Fremde für die Natur, die ein Eigenleben und eine Individualität zu haben scheint, und für den Hof. Aber auch im einundzwanzigsten Jahrhundert gibt es Besitzer des Anwesens, die jetzt an der Reihe und dafür verantwortlich sind. Vielleicht wollen sie nach Nevabacka ziehen, vielleicht wird das Haus nur in den Ferien und den Wochenenden genützt – feststeht aber, dass sie dieser besondere Ort mit der atemberaubenden Natur rundherum in seinen Bann schlagen und verzaubern wird, wie ihre Vorfahren vor ihnen.

Fazit: „Moorhöhe“ ist ein außergewöhnlicher Text, der keinem Genre folgt. Die Autorin schreibt einen Heimatroman, einen Bauernroman, verwebt Fakten mit Fiktion, versieht das Gemisch mit einem guten Schuss Mystik und Umweltbewusstsein und verbindet zu guter Letzt Spotlight artig die Lebensgeschichten der Menschen aus fünf Jahrhunderten.
Bemerkenswert. Und auf alle Fälle lesenswert!

Maria Turtschaninoff: Moorhöhe.
Aus dem Schwedischen von Ulla Ackermann.
Rowohlt Kindler, Oktober 2024.
444 Seiten, Hardcover, 25,70 €.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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