Madeleine Becker: Hin und weg

In ihrem ersten Buch „Erstmal für immer – vom Hörsaal in den Kuhstall“ berichtet Madeleine Becker von ihrer Übersiedelung von Jena auf einen Bergbauernhof in Kärnten. Mit „Hin und weg“ legt sie nun die Fortsetzung ihres „Reality“-Buches vor. Die Anfangseuphorie ist verflogen und große Ernüchterung macht sich breit. Madeleine und ihr Freund Lukas arbeiten Tag und Nacht auf dem Hof seiner Eltern.

Quasi nebenher muss noch Zeit sein für Madeleines Online-Tätigkeiten und Lukas´ Brotberuf beim Roten Kreuz. Einerseits liebt Madeleine die Kühe, den großen Gemüsegarten, das Gewächshaus und die vielen Bauernhoftiere sehr, andererseits wird ihr so viel abverlangt, dass sie mehr als einmal an ihre psychische und physische Belastungsgrenze gerät. Hinzu kommt, dass die Arbeit der kleinbäuerlichen Betriebe nur sehr schlecht entlohnt wird. Der Milchpreis bewegt sich in einer lächerlichen Höhe. Obwohl Madeleine und Lukas beinahe Tag und Nacht arbeiten und es den Tieren nirgendwo besser gehen könnte als bei ihnen, haben sie nach drei Monaten unablässiger Schufterei 6,91 € auf dem Betriebskonto. Mehr bleibt in der Landwirtschaft nicht übrig.

Der Treibstoffpreis, Ausgaben für Düngemittel und den Tierarzt schlagen zu Buche. Ohne den Zuverdienst von beiden könnte der Hof nicht überleben. Immer wieder gibt es außerdem Differenzen mit dem Schwiegervater. Für ihn müssen Tiere nützlich sein und Ertrag bringen. Tiere haben keinen Wert als Individuen an sich. Lukas und Madeleine sehen das anders und versuchen, neue Konzepte auf dem Anwesen umzusetzen. Die in den Traditionen verwurzelten Schwiegereltern betrachten vieles mit Argwohn. Klärende Gespräche sind mit ihnen aber nicht möglich und bald herrscht eisiges Schweigen zwischen den Generationen.

Trotz vieler schöner Momente, trotz einer unglaublich guten Ernte sowohl beim Heu als auch im Garten, können die Schwiegereltern sich nicht entschließen, den Hof an Madeleine und Lukas zu übergeben und sie wollen auch nicht darüber sprechen, wie man einander trotz verhärteter Fronten entgegenkommen könnte.  Madeleine und Lukas müssen daraufhin eine folgenschwere Entscheidung treffen.

Fazit: Ein ehrliches Buch, das Einblicke gibt, wie es in bäuerlichen Familienbetrieben abläuft, welche wunderschönen, aber auch welche unglaublichen Strapazen das Bauerndasein mit sich bringt.

Madeleine Becker: Hin und weg. (Über)Leben auf dem Bauernhof zwischen Kühen, Krisen und Kohlrabi.
Piper, Februar 2024.
270 Seiten, Taschenbuch, 16,50 €.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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