M. R. James: Nummer 13 – Geistergeschichten (ab 1904)

Edward Lee ist einer der bekanntesten und beliebtesten Autoren, den der Festa Verlag unter Vertrag hat. Seine Bücher verkaufen sich wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln, seine Anhänger verehren den Autor mit Hingabe. Seine Romane sind – nun, nennen wir sie einmal eigen. Fast im Alleingang hat er die Spielart des Extrem-Horrors in Deutschland hoffähig gemacht und mit seinen ganz eigenen Mischungen als plakativen, perversen Aktbeschreibungen, Gewaltorgien und einem bemerkenswert scharfen Blick für die Eigenheiten der Menschen der Südstaaten für Umsatzrekorde gesorgt.

Wenn ein solcher Autor eine Original-Collection eines Kollegen herausgibt, könnte man erwarten, dass den Leser entsprechendes Lesefutter erwartet – doch weit gefehlt, präsentiert uns Lee doch einen Klassiker der unheimlichen Literatur.

Neben einem Vor- und einem Nachwort, das uns in Lee-typischer Art und Weise den Autor M. R. James präsentiert, offenbart uns der Kultautor des extrem Horrors auch sein tägliches Faible für die Geschichten des Briten.

Montague Rhodes James wurde am 01.08.1862 in Goodnestone in der Grafschaft Kent in England geboren. Nach der erfolgreichen schulischen Laufbahn – unter Anderem besuchte er das Eton und das King’s College in Cambridge, wurde er im Jahr 1905 zu dessen Vorsteher berufen. 1918 avancierte er schließlich zum Leiter des Eton College.

Der Junggeselle James unterhielt einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, beschäftigte sich gerne und ausgiebig mit übernatürlichen Erscheinungen, denen gegenüber er aber immer skeptisch blieb. Seine Zuneigung zur Geistergeschichte zeigte sich insbesondere bei der Auseinandersetzung mit dem Werk des irischen Schriftstellers Joseph Sheridan LeFanu, dessen Erzählungen er neu gesammelt herausgab.

Ab 1894 publizierte er, angeregt durch seine Freunde, denen er seine Werke in abendlicher Runde vorlas, seine eignen Geistergeschichten. Diese weisen, was historische Verweise anbelangt, einen hohen Grad an Authentizität auf, die zu deren innerer Überzeugungskraft beiträgt.

Von der Grundanlage her ähneln sich die Erzählungen. Zumeist entführt uns der Autor in eine ländliche Gegend, besser gesagt in die örtliche Kirche oder in eine alt-ehrwürdige Universität. Dort stößt ein eigenbrötlerischer Forscher auf ein altes Buch oder eine Antiquität, das oder die mit einer dunklen Bedrohung verbunden sind. Auftritt das in aller Regel nicht näher beschriebene Unheimliche in Form eines Geistes.

Geschickt lässt James zumeist die Erscheinungen diffus, beleuchtet das Unheimliche nicht näher. Erst über die Auswirkungen, die diese auf die Menschen denen die Geister begegnen ausüben, wird deren Existenz deutlich. Umso genauer beleuchtet er seine Handlungsort und Figuren, die er gerne einem klerikalen oder universitärem Kreis entlehnt. Das sind Menschen, die er aus seiner tagtäglichen Arbeit bestens kennt. Entsprechend überzeugend wirken die Zeichnungen auf den Leser. Dabei weiß er seine Zuhörer und Leser durchaus zu packen. Man gruselt sich angesichts der beschriebenen Heimsuchungen, betritt zumeist nächtens Friedhöfe wie Kapellen, Grüfte wie Ruinen um dort auf etwas Furchteinflößendes zu treffen.

Ganz bewusst hat Lee als Herausgeber darauf verzichtet, die bekanntesten Geschichten von M. R. James in seiner Sammlung mit aufzunehmen. „Graf Magnus“, „Die Macht der Runen“, „Pfeif nur, dann eil ich herbei mein Freund“ wird man daher vergebens suchen. Diese sind in diversen Sammelbänden ( 13 Geistergeschichten, Hegereiter Verlag, Der Schatz des Abtes Thomas, Insel Verlag) bereits des öfteren erschienen, so dass uns Lee lieber seltener, aber nichts desto trotz genauso lesbare Erzählungen offeriert.

Dreizehn Stück an der Zahl sind es, die auf den Rezipienten warten, von Usch Kiausch neu übersetzt und sehr angenehm zu lesen wartet so ein Schatz an klassischen, einprägsamen, unterhaltsamen und gruselnden Geistergeschichten auf die Leser, die äußerlich mit einem wunderbar stimmigen Titelbild eingeführt werden.

M. R. James: Nummer 13 – Geistergeschichten.
Festa Verlag, November 2019.
352 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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