Tim Wilde ist zurück. Immer noch in der neugegründeten New Yorker Polizeitruppe, immer noch mit einem Bruder geschlagen und immer noch mit dem Herz am rechten Fleck. Leider wurde das Herz bereits gebrochen und daran leidet er sehr.
Im zweiten Band, der recht zielstrebig auf eine Fortsetzung im Bürgerkrieg hinzusteuern scheint – noch sind wir im Jahr 1846 – , ist dem Norden die Sklavereifrage noch nicht schwerwiegend genug, um sich mit dem Süden zu zerstreiten. Zwar haben Schwarze grundsätzlich das Recht zur Freiheit, aber auch in New York gibst es Sklavenjäger, die den Plantagenbesitzern im Süden ihr Eigentum zurückbringen. Nicht alle davon sind seriös.
Lucy, ihre Schwester Delia und ihr kleiner Sohn geraten ins Visier eines solchen unseriösen Sklavenhändlers. Dieser möchte sie, ungeachtet ihrer Freiheitsbriefe, in den Süden verschleppen um sie dort zu verkaufen. Die Drei erhalten eine Nacht Asyl in der Wohnung von Tims Bruder Val. Als Tim am nächsten Morgen nach ihnen sehen will, sind Delia und das Kind verschwunden, Lucy liegt tot auf Vals Bett. Tim lässt die Leiche verschwinden, um seinen Bruder vor Schwierigkeiten zu bewahren und macht sich auf die Suche nach Delia.
Lindsay Faye lässt Tim in der Ich-Form erzählen und schafft dabei wunderschöne Innenansichten eines wirklich tollen Protagonisten. Tim ist ein ewiger Zweifler an sich selbst, aber wenn es darauf ankommt, kann er die Dinge in die Hand nehmen. Wo es ihm möglich ist, hilft er, wo es nicht geht, versucht er es zumindest.
Herrlich beschrieben auch Tims instinktive Abneigung gegen die Partei, vor allem als klar wird, dass man sich natürlich gegen die Sklaverei ausspricht, aber bitte doch gemäßigt und nicht zu laut und im übrigen deswegen doch bitte noch lange nicht mit Schwarzen paktieren möchte.
Alle Beteiligten haben einen sauber ausgearbeiteten Charakter, der zu der Zeit und den Umständen passt, deswegen sind die Romane um Tim Wilde und die New Yorker Polizei so rund und können auch dann noch faszinieren, wenn es um Geschehnisse außerhalb von Tims Einfluss geht. Kein Charakter ist eindeutig genug, um langweilig zu sein und vorhersehbar sind allenfalls die Bösen. Denn so neu die New Yorker Polizeitruppe auch ist, Korruption haben sie schon gelernt.
Fazit: Sehr gut zu lesender historischer Roman, der richtig Lust auf mehr macht.
Lyndsay Faye: Die Entführung der Delia Wright.
dtv, März 2015.
464 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.