Mögen Sie Geschichten über rivalisierende Königreiche, Spione in einem archaischen Umfeld, mächtige sich aufopfernde Götter, jede Menge religiöse oder politische Intrigen, viele Affinitäten (magische Gaben) und eine Prophezeiung darf naturgemäß auch nicht fehlen?
Nun, dann offeriert der Piper-Verlag ihnen einen entsprechenden Auftaktband einer neuen Fantasy-Trilogie.
Kate Dramis Debütroman startet mit Aya, unserer weiblichen Hauptfigur – die Dritte der Königin, ihre Augen, wie sie als Spionin im Auftrag der Krone genannt wird, die plötzlich und unerwartet etwas Besonderes an sich entdeckt. Eigentlich haben die Götter entschieden, dass ein jeder ihrer Untertanen nur eine Affinität ihr oder sein Eigen nennen darf, doch dann werden in unserer Protagonistin Kräfte geweckt, die gar unerhört sind.
Ausgerechnet ihr größter Rivale bekommt das natürlich, muss ja so sein, hautnah mit. Auf der anderen Seite könnte eben jener Will, Zweiter der Königin als ihr Vollstrecker der Einzige sein, der Aya hilft, die neuen Kräfte zu bändigen und beherrschen zu lernen.
Zunächst widerwillig, später dann kommen sich unsere Beiden näher, gilt es für beide, einer drohenden Gefahr zu begegnen …
Was braucht es heutzutage, um beim zumeist jungen, weiblichen Publikum zu punkten?
Nun, Enemies to Lovers, Chosen One, Slow Burn und Love Triangle kommen immer gut, ein wenig queere Beziehungen oder Non-binäre Figuren sind auch von Vorteil, so man heute einen Verlag zur Veröffentlichung des Manuskripts sucht – und voilà, das Manuskript erblickt als Buch das Licht der Buchhandlungen.
Dramis befolgt das oben erwähnte Rezept minutiös. Gespickt mit den momentan so angesagten Neopronomen (xier, xiem) erschlägt uns die Verfasserin allerdings zunächst mit einem selten dermaßen überbrodelnden Info-Dump zu ihrem Setting.
Nach diesem doch etwas handlungs- und tempoarmen Beginn, der auch inhaltlich keine wirklich überwältigenden Novitäten für uns bereithält, geht es im Wesentlichen um das Beziehungsdreieck der beiden Protagonisten und einer Figur, die von außen zu diesen Beiden stößt. Heißt, es geht um große Gefühle, die aber zunächst noch eher zaghaft, ja zweifelnd angedeutet werden. Statt also das große Ganze, einen wie auch immer gearteten Konflikt in den Mittelpunkt des Plots zu stellen, geht es eher klein-klein im Beziehungsgewirr weiter. Dass die wesentlichen Figuren weitgehend dem Gewohnten entsprechen, macht die Lektüre nicht interessanter. Insgesamt wartet so ein Roman auf die Lesenden, der seinen Schwerpunkt zu Beginn sucht, dann auf der Beziehungsebene findet, dabei aber ein wenig das Unterhalten und die Spannung vergisst. Zu viel Einheitsbrei, zu wenig Eigenständigkeit könnte ich auch zusammenfassen.
Kate Dramis: The Curse of Saints
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Vanessa Lamatsch
Piper, August 2024
591 Seiten, Taschenbuch, Euro 18,00
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.