Der dänische Schriftsteller Jussi Adler-Olsen (Jahrgang 1950) schreibt schon seit mehr als zehn Jahren an seiner Reihe um Carl Mørck vom Sonderdezernat Q. Mit „Erbarmen“ aus dem Jahr 2008 startete die Erfolgsserie von Adler-Olsens Thriller. Nun erschien am 10. Oktober 2019 der achte Fall für Carl Mørck mit dem Titel „Opfer 2117“ in einer Übersetzung von Hannes Thiess.
Alles fängt damit an, dass der spanische Journalist Joan Aiguader am Strand von Ayia Napa auf Zypern Fotos von einer scheinbar ertrunkenen, älteren Frau und umstehenden Trauernden macht. Diese Fotos mit dem Opfer Nummer 2117 (ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer) schickt Aiguader an seine Redaktion von „Hores del dia“ und von dort aus gehen sie durch die internationale Presse, weil die Frau nicht, wie angenommen, ertrunken ist, sondern erstochen wurde. Aiguader wird auf die Geschichte angesetzt.
Gleichzeitig sitzt irgendwo in Kopenhagen ein junger Mann, Alexander, vor dem Computer und spielt Tag und Nacht Ballerspiele. An seinen Zimmerwänden hängen der Zeitungsartikel mit dem Foto von Opfer Nummer 2117 und ein Samuraischwert.
Assad entdeckt bei Rose ebenfalls einen Zeitungsausschnitt mit dem Foto. Er erkennt die Frau, Lely Kababi. Bei ihr hatten Assad und seine Familie nach ihrer Flucht aus dem Irak in Syrien Unterschlupf gefunden. Assad, der eigentlich Zaid al-Asadi heißt, entdeckt aber noch weitere Personen, einen Mann und zwei Frauen, die er wiedererkennt. Endlich erzählt er den Kollegen Carl, Rose und Gordon vom Sonderdezernat Q seine Geschichte.
Gordon erhält derweil mysteriöse Anrufe, in denen der Anrufer ankündigt, dass er töten will, „wenn er die Zahl einundzwanzig siebzehn erreicht hat“.
Aiguader folgt inzwischen einer Spur, die ihn nach Deutschland führt. Er veröffentlicht fortlaufend Artikel über seine Suche nach den Überlebenden von Ayia Napa.
Assad will seine Familie und den Mann, der auf dem Foto abgebildet war, finden. Nach und nach wird klar, dass Assad von seinem Erzfeind Ghaalib angelockt werden soll. Er reist mit Carl nach Frankfurt.
Alexander in Kopenhagen tickt langsam aber sicher aus. Gordon und Rose bemühen sich, ihn zu finden.
Bei einem Showdown in Berlin kommt es zum dramatischen Höhepunkt um die Rettung von Assads Familie.
Und auch in Kopenhagen kommt man dem mysteriösen Anrufer auf die Spur.
Endlich, endlich wird das Geheimnis von Assads Vergangenheit gelüftet. Und das auf höchst spannende, tempo- und aktionsreiche Art und Weise. Damit ist Jussi Adler-Olsen in „Opfer 2117“ ein gelungener Schachzug in Sachen Leser*innenbindung geglückt. Und er ist thematisch mit dem Syrienkrieg, Flüchtlingen, Gamern und Terror topaktuell.
Adler-Olsens Stil ist eher einfach, dafür aber klar und schnörkellos. Die Spannung baut sich nach und nach auf, je mehr Assad von seiner Vergangenheit preisgibt. Als Lesende leide ich mit Assad um das Leben seiner Familie und fiebere mit bei der Jagd nach Ghaalib.
Die zweite Handlungsebene mit dem verrückten Anrufer in Kopenhagen bietet den Nebenfiguren Rose und Gordon ihren Platz in der Geschichte, wirkt auf mich aber ein wenig aufgesetzt.
Mir als Fan der Reihe um das Sonderdezernat Q ist in diesem Buch ein bisschen zu viel Assad und zu wenig Carl Mørck. Aber das eröffnet Jussi Adler-Olsen die Möglichkeit, im nächsten Band wieder seinem Protagonisten in den Mittelpunkt zu stellen.
„Opfer 2117“ von Jussi Adler-Olsen ist für mich nicht der stärkste Thriller aus der Reihe, aber ein Muss für Fans. Für Einsteiger ist das Buch eher ungeeignet.
Jussi Adler-Olsen: Opfer 2117.
dtv, Oktober 2019.
592 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.
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