Jo Lendle: Eine Art Familie

Jo Lendle, Autor und zugleich Verleger des Carl Hanser Verlags, vermischt in seinem Roman „Eine Art Familie“ die Biographie seines Großonkels Ludwig Lendle mit fiktiven Elementen. Jener Ludwig Lendle (1899-1969), genannt „Lud“, war Pharmakologie-Professor, der zum Schlaf und zur Narkose forschte.

Konflikte und damit Würze in diesen Roman bringt zweierlei. Erstens: Lud ist ein Gegner der Nazis, während sein Bruder Wil ein glühender Anhänger des Regimes ist. Doch zugleich forscht Lud an der Wirkung von Giftgas. Welche Rolle er in dieser Funktion im Zweiten Weltkrieg spielt, wird nicht gänzlich klar.

Zweitens: Lud ist homosexuell, träumt immer noch von einer Begegnung mit einem Gerhard im Ersten Weltkrieg. Später jedoch lebt er mit zwei Frauen zusammen – seiner Haushälterin und seinem Patenkind Alma, das nur unwesentlich jünger ist als er selbst. Das ist die titelgebende „Art Familie“. Alma verliebt sich in Lud, hat jedoch – natürlich – keine Aussicht auf Erfolg. Dass das von vornherein klar ist, nimmt dem Roman viel von seiner Spannung.

„Eine Art Familie“ ist gelegentlich etwas trocken, wenn es um die wissenschaftlichen Aspekte in Luds Arbeit geht – ein Ausfluss jahrelanger Recherche des Autors. Weniger wäre hier möglicherweise mehr gewesen. Auch wird er als schweigsamer, verschlossener, zurückhaltender Mensch beschrieben, der Konflikten aus dem Weg geht. Das macht diese Figur nicht unbedingt sympathischer und auch nicht transparenter für den Leser.

Jo Lendle: Eine Art Familie.
Penguin, August 2021.
368 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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