Nun liegt der dritte Band des Autorenduos Gallert/Reiter und ihrem Protagonisten, dem Polizeiseelsorger Martin Bauer vor. Die Autoren habe „ihre“ Nische im Krimigenre gefunden. Ein ermittelnder Polizeiseelsorger ist ja auch ein Alleinstellungsmerkmal. Drei Fälle in drei Jahren darf man mit Fug und Recht eine intensive Schaffensphase nennen. Der Erfolg wird die Autoren beflügelt haben.
Das Autorenduo bringt viele verschiedene Kompetenzen ein: Peter Gallert kam 1962 in Bonn zur Welt. Sein Germanistikstudium brach er ab, jobbte stattdessen unter anderem als Bauarbeiter oder Nachtportier und spielte Theater. Er schrieb für die Jerry-Cotton-Reihe und verfasste viele Drehbücher für Fernsehserien. Jörg Reiter ist 1952 in Düsseldorf geboren. Er studierte Ethnologie und Malaiologie, aber auch Film- und Fernsehwissenschaften. Heimisch ist er in allen Fachgebieten: Er absolvierte Feldforschungen und promovierte als Ethnologe, arbeitet aber auch seit zwei Jahrzehnten als Drehbuchautor. Als Autorenduo schreiben die beiden zusammen Kriminalromane. Nach Kurzgeschichten verfassten sie 2016 mit „Kopfjagd“ ihren ersten Roman.
Mit der Figur des Martin Bauer hat das Autorenduo einen spannungsreichen Protagonisten geschaffen, der viel Entwicklungspotential in sich birgt. Hierzu gehört, dass sich Bauer eine Auszeit nimmt und sein Recht auf Elternzeit in Anspruch nimmt.
Als auf einem Schrottplatz wird im Kofferraum eines Autos die Leiche einer jungen Frau gefunden wurde, ist der Seelsorger zunächst froh nicht im Dienst zu sein. Hauptkommissarin Verena Dohr und ihr Team übernehmen die Ermittlungen in deren Verlauf schnell der Verdacht auf Leon Berger fällt. Der junge Mann war gerade erst aus der Haft entlassen worden.
Das Bauer ausgerechnet durch seine Frau, die in der Vergangenheit mehrfach mit seiner Dienstausübung und Risikobereitschaft auf „Kriegsfuß“ stand, gerät er an den Verdächtigen, der seine Hilfe braucht. Vielleicht eine Ironie des Schicksals? Egal, es entwickelt sich ein besonders emotionaler Fall für Martin Bauer und Kommissarin Verena Dohr. So kommt es, wie es kommen muss: Der Polizeipfarrer ist als einziger von Leons Unschuld überzeugt. Schon bald wird klar: Bauer ist Leons letzte Hoffnung. Und Leon hat Todesangst! Die ist auch begründet, denn während seiner Ermittlungen ist Bauer wieder mal mit der ganzen Brutalität des Milieus konfrontiert. Eine Szene, in der man sich besser keine Feinde macht. Für den verdächtigten Leon Berger scheint diese Erkenntnis zu spät zukommen.
Es entwickelt sich ein spannungsgeladenes Geschehen mit vielen unvorhersehbaren Situationen, bei dem der Leser ganz nahe dran ist. Dabei kommt der Protagonist authentisch daher indem er seinem Bauchgefühl stärker traut als den sachlich nüchternen Ermittlungsergebnissen des KK11.
Bauers Chance liegt in seiner pastoralen Unabhängigkeit, die er reichlich strapaziert. Dies ist für mich ein Beispiel dafür, wie die Autoren ihre Charaktere weiterentwickeln.
Natürlich wurde man bei der Duisburger Bikergang „Death Riders“ an die Rockerszene erinnert. Hier sind sich das Autorenduo treu geblieben, indem sie Gewalt und Brutalität recht viel Raum in ihrem Plot geben. Ich halte dies für das Krimigenre zu dominant.
Ansonsten kommt der Erzählstil flüssig daher. Die Länge der Kapitel ist angenehm und macht es dem Lesenden leicht, dem Plot zu folgen, der bis kurz vor Schluss an Spannung zunimmt. Auch darum meine Leseempfehlung!
Peter Gallert & Jörg Reiter: Todestreue.
Ullstein, Juli 2020.
432 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Martin Simon.