Erin Hunter: Survivor Dogs 01: Die verlassene Stadt

dogEin großes Erdbeben verändert das Bild der Stadt, in der Streuner Lucky bisher gelebt hat. Plötzlich sind alle Menschen, die Langpfoten, verschwunden und die Stadt wirkt wie ausgestorben. Nur die Tiere sind zurückgeblieben und die Hunde formieren sich zu Rudeln. Gegen seinen Willen wird Lucky der Anführer von ein paar arglosen Leinenhunden, die wenig über das Leben in Freiheit wissen und denen auch seine Wurfschwester Bella angehört. Das Wissen über wildes Leben soll ihnen nun ausgerechnet Einzelgänger Lucky beibringen. Er beschließt, einige Tage bei den Leinenhunden zu bleiben und erst dann weiterzuziehen.

Mit ihren Serien um die „Warrior Cats“ und „Seekers“ schreibt das Autorinnenquartett Erin Hunter bereits erfolgreich aus der Tierperspektive mit Katzen und Bären über Themen wie Loyalität, Clanverhalten und Überleben. Die „Warrior Cats“ gehen mittlerweile in die vierte Staffel, „Survivor Dogs“ steht noch ganz am Anfang. Im Auftaktband sehen sich die Hunde, die unterschiedlicher kaum sein könnten, nach einem Erbeben plötzlich auf sich allein gestellt. Sie wirken allerdings deutlich verweichlichter als die Katzen, die herrchenlos im Wald leben. Schmunzeln und Lächeln bleibt nicht aus, wenn man sie beobachtet. Was auch nicht ausbleibt, ist das Wiedererkennen tragender Elemente dieser Romane. Um die Hunde spinnt sich eine Legende der Himmelshunde und der Erdenhündin, mit Hilfe derer sich die Tiere Naturphänomene erklären und durch die sie so etwas wie einen Glauben gewinnen. Viele der verwendeten Motive erinnern an die „Warrior Cats“. Das ist aber nicht unbedingt schlecht: Gerade junge Fans der Katzen werden auch diesen Hundeband lieben. Und sollten sowieso etwas für die hechelnden Vierbeiner übrig haben, wird das noch umso leichter sein!

Ob die „Survivor Dogs“ sich jedoch von ihren Vorgänger abheben können, werden wohl erst Folgebände zeigen. Der vorliegende Erstling der Reihe wirkt wie eine durchaus gut abgekupferte Version der Katzen. Junge Leser ab etwa 10 Jahren sollten davon allerdings gut unterhalten werden, es gibt ein wenig Action, Abenteuer und langweilig wird es selten. Lucky erlebt mit den Leinenhunden immer wieder spannende Tierbegegnungen und erkundet nach und nach die verlassene Stadt und deren Umgebung mit all ihren wundersamen Menschendingen. Hunde, die versuchen, einen Kühlschrank zu öffnen, sich ein Auto zu Nutzen zu machen und die eines nicht wollen: Ihre Langpfotendinge aufgeben, auch wenn das heißt, einen für einen Hund schweren Baseballhandschuh quer durch die Stadt zu schleppen. Die Liebe für ihre Langpfoten, die bei den Leinenhunden deutlich wird, sollte bei Hundebesitzern für ein gutes Gefühl sorgen. Auf der anderen Seite steht der wilde Lucky, der immerhin mehr auf seinen „Hundegeist“ hört als seine vierbeinigen Freunde. Auch er wird dafür sorgen, das eigene Haustier aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Die Figuren könnten unterschiedlicher nicht sein und bedienen so jedes Rollenmuster, das in keinem guten Abenteurroman fehlen darf. Sheltie-Retriever Lucky ist der mutige Anführer, seine Schwester Bella versucht, nach und nach in seine Pfotenabdrücke zu treten. Schäferhund Bruno entdeckt sein Talent fürs Jagen, Border Collie Mickey ist der schnellste im zusammengewürfelten Rudel, Mischlingshündin Daisy schaut zu Lucky auf. Die Malterserhündin Sunshine ist mit die schwächste in der Gruppe, hat aber ein großes Herz. Die riesige Neufundländerhündin Martha hat ein hervorragendes Schwimmtalent. Und der kleine Alfie versteht sich aufs Jagen. So hat jeder Hund eine ganze besondere Fähigkeit, die zwar bei den Langpfoten selten zum Tragen kam, in der Wildnis aber mit jedem Tag wichtiger wird. Das macht die Hundefiguren sympathisch und lenkt das Augenmerk auf die eigenen Stärken oder die besonderen Fähigkeiten des eigenen Tieres.

Auch rein optisch betrachtet ist dieser Roman gelungen. In sattem Rot gehalten, hebt sich der Schriftzug der Reihe wie ein Steinmuster vom Rest ab und sorgt so dafür, dass das Buch schon äußerlich nach Abenteuer aussieht.

Ein netter Auftakt, der erst noch zeigen muss, was wirklich in der neuen Erin Hunter-Reihe steckt. Die Zutaten für eine neue erfolgreiche Romanserie sind auf jeden Fall vorhanden und es bleibt spannend, was mit Lucky und seinem Rudel-wider-Willen noch passieren wird. Dafür sorgt allein der gelungene Cliffhanger zum Abschluss dieses Bandes. Für Nachschub sorgt der Verlag bereits im Mai 2014 mit „Ein verborgener Feind“. Eine kurze Leseprobe zu diesem Roman findet sich im Anschluss an „Die verlassene Stadt“.

Erin Hunter: Survivor Dogs 01: Die verlassene Stadt.
Beltz & Gelberg, März 2014.
272 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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