Wie sieht eine Zukunft aus, in der durch Krankheiten und Krieg die Menschheit dezimiert worden ist? Nutzen die Überlebenden die Chance, ein neues, lebenswertes System aufzubauen? Wie geht man mit der Beschaffungskriminalität um, wenn Energie und sauberes Trinkwasser knapp geworden sind? Haben Reiche und Arme die gleichen Rechte?
Frida und Cal haben die Flucht aus dem zerstörten L. A. gewagt. Besser im Wald leben, sagen sie sich. Besser weg von allem, was krankmacht. Im Wald soll es Piraten geben, die rauben und morden. Trotzdem wagen sie ihr Glück und finden es. Für kurze Zeit.
Eines Tages lernen sie eine Familie mit zwei Kindern kennen und freunden sich mit ihnen an. Das Überleben im Wald wird leichter, die Ernährung besser. Es gibt sogar einen seltsamen fahrenden Händler, der auf seinem Pferdekarren Waren zum Tausch anbietet. Aber es gibt in der Wildnis noch andere, die hinter beängstigend aussehenden Absperrungen leben. Als Frida schwanger wird und die befreundete Familie unter mysteriösen Umständen stirbt, will Frida unbedingt die Leute hinter den Absperrungen kennenlernen. Koste es, was es wolle, sagt sie, und Cal stimmt ihr widerwillig zu. Den Preis, den sie für dieses Wissen bezahlen, ist höher, als sie ihn in ihren kühnsten Vorstellungen beziffern können.
Bisher gab es in vielen Romanen und Filmen die Auseinandersetzung zu dem Thema „Leben nach dem großen Zusammenbruch“. Im Mittelpunkt stehen blutrünstige Exzesse des Raubtiers „Mensch“. Die amerikanische Autorin Edan Lepucki hat in ihrem Debütroman einen neuen Zugang zu diesem Thema gefunden. Im Fokus steht ein junges Paar, das wie Adam und Eva in der Wildnis einen Neuanfang wagt. Gewalt erfahren sie nur indirekt, vom Hörensagen, so dass die Fantasie reichlich Spielraum findet, die Auslassungen zu füllen. Das Leben im Wald hat viele Schatten, auch die der familiären Vergangenheit. Fridas Bruder und zugleich auch Cals Studienfreund hatte vor ihrer Flucht sein Leben bei einem angeblich selbst initiierten Bombenattentat verloren. Wie jemand zu einem politisch motivierten Täter werden kann, ist eine Frage, die beide lange beschäftigen wird. Zeigt seine Tat nicht einen Weg aus einer nicht auszuhaltenden Unfreiheit? Fridas und Cals Reise weiß die Autorin stimmungsvoll und unterhaltsam zu zelebrieren, bis das Paar zusammen und jeder für sich ganz allein eine persönliche Antwort auf die große Frage des Überlebens gefunden hat.
Edan Lepucki: California.
Blumenbar, März 2015.
416 Seiten, Gebunde Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.