Ryhalt stammt aus guten, das heißt aus adeligem Hause. Das sollte man heute nicht mehr annehmen, wo er als Leiter der Schwarzschwingen, des informellen Geheimdienst´ von Valengrad, seine Tage im Suff verbringt. Dass er mittels Unterarmtattoo mit einem gottähnlichen Magier verbunden ist hat ihm sowohl das Leben gerettet, als auch ihn erst in die entsprechende Bredouille gebracht. Er bezeichnet sich selbst als Mann mit einem Schwert, der eine Handvoll Schläger befehligt. Eine ernüchternde, aber realistische Sichtweise. Einmal schon hat er die Stadt, zusammen mit Anderen versteht sich, vor der Bedrohung aus dem Elend gerettet. Dass er dabei die Liebe seines Lebens verloren hat passt nur zu seinem von den Göttern verfluchten Schicksal.
Genug, Schwamm drüber, diese Zeiten sind, den ach so hehren Göttern sei Lob und Dank, vorbei. Jetzt gerade kümmert er sich um aus dem Grab wieder Auferstandene, die er selbst mittels eines Bleigeschosses in selbiges befördert hatte. Doch dann meldet sich der tätowierte Rabe wieder, als seinem Meister aus dessen Schatzkämmerchen etwas Wertvolles und Gefährliches gestohlen wird.
Nun raten sie mal, wer sich da wieder darum kümmern darf? Richtig, er hat sich unfreiwillig gemeldet und kommt einem Mann auf die Spur, vor dem er Respekt hat – und da gibt es nicht Viele, die er, ja ich sage es offen, fürchtet. Ein Mann der mit Skalpell und Nadel umzugehen wusste, wie kein Anderer, der Freunde von ihm vom Todesbett wieder zusammengeflickt und gerettet hat. Jetzt hat er zu viel Ehrgeiz entwickelt und bedroht den labilen Frieden in seiner Stadt. Und das macht die Sache so langsam persönlich – das ist nie gut, sind doch dann Gefühle involviert – Abneigung, Trauer, Angst und jede Menge Hass. Dabei sieht es für ihn und seine Freunde nicht gut aus – sie sind nur ein Mann mit Koboldhaut, ein Junge, ein Krüppel und ein Vogel – gegen eine ganze Stadt und einem gottähnlichen Magier …
Gritty Fantasy, nicht erst seitdem David Gemmell und Joe Abercrombie diese Spielart der etwas realistischeren Zeichnung einer zumeist archaischen Welt propagiert haben, erfreuen sich derartige Romane eines ständig wachsenden Zuspruchs. Der Leser ist es scheinbar leid, an der Seite von frisch gebadeten, jungen Recken in sauberer Kleidung durch blühende Wiese zum klinisch-reinen Gefecht zu reiten. Stattdessen honoriert er die doch deutlich realistischere Zeichnung von Dreck, Verfall und Elend, die ihn auch im zweiten von insgesamt drei Romanen um Galharrow Ryhalt erwartet.
Das ist mal ein Charakter der, gerade in einer Welt, die von Not und ständiger Gefahr geprägt ist zu überzeugen weiß. Ein alternder Säufer, ein Absteiger, ein Verlierer und doch ein sturer Bock, der einfach nicht aufgibt, der das zarte Pflänzlein von dem was recht ist in seiner Seele hofiert und zum eigenen Schaden handelt. Einer, der nicht nur zuschaut, einer der sich einbringt, sein Leben riskiert, um das Böse, das ihn und die um ihn herum bedroht, zu bekämpfen. Dass er dabei zumeist nicht unbedingt auf der Gewinnerseite steht – was solls. Dass er keine Achtung, keine Würdigung bekomme – geschenkt. Er steht, egal was ihn das kostet, für das ein, was ihm wichtig ist – und das ist selten. Dass es bei einem solchen Ansatz gewalttätig, brutal, dreckig und pervers zugeht muss man erwarten – ja wird vom Rezipienten bei solchen Büchern gesucht.
So ist dies ein Mittelband einer Trilogie, der sehr gut alleine stehen kann, der kaum die Kenntnis des Auftakttitels voraussetzt und der den Appetit an weiterer McDonald´scher Fabulierkunst weckt.
Ed McDonald: Schwarzschwinge 02: Der Schrei des Raben.
Blanvalet, Dezember 2019.
512 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.