Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung (1978)

Diese Geschichte kann einfach nur in England spielen. Alle Charaktere, die Bewohner des kleinen Küstenstädtchens Hardborough, sind so wunderbar britisch, es ist ein wahrer Genuss, das schmale Buch zu lesen.

Penelope Fitzgerald erzählt von Florence Greene, einer verwitweten Frau in, wie sie selbst sagt, mittleren Jahren, die 1959 ein verlassenes, feuchtes, seit langem leerstehendes Haus in besagtem Städtchen erwirbt, um dort eine Buchhandlung zu eröffnen. Florence hat weder von Büchern noch von Buchhaltung eine wirklich fundierte Ahnung, aber sie ist zuversichtlich. Daran ändert auch der Poltergeist nichts, der, Klopfer genannt, im „Old House“ herumspukt. Hilfe für die Buchhaltung holt sich Florence bei einer jungen Nachbarin, Hilfe bei den Büchern bekommt sie von der zehnjährigen Christine, die ihr mit Strenge und Eigensinn zur Hand geht.

Hilfe hat Florence auch bald deswegen dringend nötig, weil die imposante Landadlige Mrs Gamart ihr das Leben schwer macht. Mrs Gamart hätte gerne das Old House als Kulturzentrum eingerichtet und sieht sich selbst bereits als gefeierte und verehrte Schirmherrin. Im Verlauf der Handlung lässt sie immer mehr ihren Einfluss spielen, um Florence zu vertreiben. An Florence‘ Seite stehen in dieser ungleichen Auseinandersetzung nur der Hilfstierarzt Raven und der alte, eigenbrötlerische Mr. Brundish. Die Einwohner von Hardborough stehen dem Projekt Buchhandlung eher skeptisch gegenüber.

Deswegen läuft das Geschäft, selbst nach Ergänzung um eine Leihbibliothek, eher schlecht als recht. Erst als Florence, auf Empfehlung eines windigen und zwielichtigen Bekannten von Mrs Gamart und auf Zureden von Mr. Brundish das gerade erschienene Buch „Lolita“ in ihr Angebot aufnimmt, steigt zumindest vorübergehend der Umsatz.

Penelope Fitzgerald schreibt mit einem so feinsinnigen Humor und einer gerade mikroskopischen Beobachtungsgabe, dass das Buch ein wahres Lesevergnügen ist. Ihr Blick auf die Menschen ist intensiv, unbarmherzig und trotzdem liebevoll. Sie zeichnet die Figuren authentisch, schmerzhaft genau und dennoch verständnisvoll. Und doch ist die Geschichte, trotz des hintergründigen Witzes, auch sehr tragisch. Der allerletzte Satz des Buches, den ich hier nicht zitiere um nicht zu spoilern, fasst dies alles geradezu perfekt in Worte.

Das Nachwort zu Penelope Fitzgeralds Roman, das man sich nicht entgehen lassen sollte, schrieb David Nicholls.

Mein Fazit: ein Buch, das es wert ist, mit Sorgfalt gelesen zu werden.

Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung (1978).
Suhrkamp Verlag, Dezember 2019.
274 Seiten, Gebundene Ausgabe, 12,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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