Claire Keegan:  Das dritte Licht

Den Roman „Das dritte Licht“ von Claire Keegan zu beschreiben ist gar nicht einfach. Denn er ist so  kurz und doch so übervoll an Gefühl. Der Inhalt ist schnell erzählt: Ein kleines Mädchen, welches in der gesamten Erzählung namenlos bleibt, wird vom Vater zu Verwandten gebracht. Die Mutter ist schon wieder schwanger, ein weiterer Mund wird zu stopfen sein und bis zur Geburt soll das Mädchen nun bei dem kinderlosen Ehepaar bleiben.

Der Unterschied zwischen den beiden Welten könnte wohl größer kaum sein. Dort eine große Kinderschar, Armut und Gefühlskälte, hier Zuwendung, Humor, liebevolle Sorge und Obhut und ausreichend zu essen.

Die in Ich-Form erzählte Geschichte dieser Zeit, die das Mädchen dort verbringt, vermittelt mit im Grunde dürren, dafür aber umso wirkungsvolleren Worten die ganze Atmosphäre, die Gefühle, die in dem Kind streiten. Sie ist hin- und hergerissen, will sie heim oder lieber bleiben, ist es recht, sich hier so wohlzufühlen. Und dann gibt es offensichtlich ein Geheimnis der Pflegeeltern, welches sie zu behüten verspricht, nachdem sie es, ungewollt, erfuhr.

Die Erzählung von Claire Keegan ist, so wie schon ihr Buch „Kleine Dinge wie diese“ ein wirkungsvoll geschriebenes Stück Dichtkunst, ein Buch, das man, wie eingangs schon geschrieben, kaum beschreiben kann. Es ist poetisch, gefühlvoll, ohne jeden Kitsch, ohne jede Bewertung, voller Empathie und dennoch distanziert genug, um nicht rührselig zu werden.

Man muss es lesen.

Bei dieser Ausgabe handelt es sich um eine von der Autorin überarbeitete Fassung und einer entsprechend angepassten Übersetzung. Zuerst erschien die Erzählung 2013.

Claire Keegan: Das dritte Licht.
Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser.
Steidl, Januar 2023.
99 Seiten, gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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