Ben Pastor: Stürzende Feuer: Martin-Bora-Roman 03

Am 09. Juli 1944 unterbricht Oberstleutnant Martin von Bora seinen Fronteinsatz in Italien, um in Berlin seinen Onkel zu beerdigen. Angeblich starb der renommierte Kinderarzt freiwillig.

Am gleichen Tag wird Bora zu später Stunde mit der Aufklärung des Mordes an einen bekannten Hellseher beauftragt, für den es bereits vier Verdächtige gibt. Theoretisch könnte sich Bora über die Vorarbeit freuen, zumal ihm für die Ermittlung nur eine Woche gegeben wird. Trotzdem ist Bora der gesamte Kontext verdächtig. Warum soll er und nicht die dafür zuständige Kriminalpolizei ermitteln? Und warum werden ihm irritierende Andeutungen und Gerüchte zugetragen? Bora sieht sich in der Rolle des Sündenbocks, während um ihn herum Berlin systematisch durch Bomben oder die SS zerstört wird.

Zu seiner Unterstützung begleitet ihn Kriminalkommissar Grimm, der mit seiner Neigung zu Handgreiflichkeiten bei Zeugen wenig hilfreich ist. Bora stößt immer wieder auf neue Ungereimtheiten. Eines wird sehr schnell deutlich: „Die Ermittlungen im Mordfall überschnitten sich möglicherweise mit einer politischen Affäre, bei der sehr viel auf dem Spiel stand.“ (S. 252)

Boras Leben steht auf dem Spiel

Auch Boras Leben steht auf dem Spiel. Das Wie und Wann wird er sehr bald erfahren. Und Bora glaubt auch, er sei bereit zu sterben.

Die in Rom geborene Autorin Ben Pastor lehrte nach ihrem Archäologiestudium an verschiedenen Universitäten, unter anderem in den USA. Für ihre historischen Romane erhielt sie verschiedene Preise. Zu ihren Spezialgebieten gehören das antike Rom und der Zweite Weltkrieg. In ihrem aktuellen historischen Kriminalroman konzentriert sie sich auf den Zeitraum vom 10. bis zum 17. Juli 1944 in Berlin. In dieser Woche soll Oberstleutnant von Bora Unmögliches vollbringen. Seine Tagebucheintragungen und inneren Monologe helfen ihm, sich gedanklich in diesem Kriegschaos zu orientieren. Der introvertierte Bora schützt sich hinter einer undurchdringlichen Fassade.

„Er war schon immer eher einsilbig gewesen. Das ließ sich nicht bestreiten. Nicht, weil er nichts zu sagen gehabt hätte, sondern weil er vorsichtig war und darin geschult, einem anderen nicht so ohne Weiteres zu vertrauen.“ (S. 314/315)

Sehr viel Recherche

Bei der Lektüre wird schnell deutlich, dass sehr viele Recherchen erforderlich waren, um diese Geschichte vor historischem Hintergrund so authentisch zu präsentieren. Die Dialoge und das Auftreten der Menschen sprechen für sich und laden zu einer spannenden Zeitreise ein. Bora, der in einem Netz aus Intrigen gefangen ist, geht trotzdem seinen eigenen Weg. Das Aus-der-Reihe-Springen scheint seine zweite Natur zu sein. Bei nächtlichen Bombardierungen öffnet er zum Beispiel vorschriftsmäßig Fenster und Türen und wartet in seinem Hotelzimmer auf das Ende der Bombardierung, während andere in den Luftschutzbunker rennen. Er ist ein Soldat, der nur noch eingeschränkt Angst hat. Dafür hat er in Stalingrad und Italien viel zu viel erlebt.

„Ich sehe deutlich vor mir, was für eine Art von Soldat ich in unserem Neuen Deutschland bin: unbequem, aber loyal, skrupellos, aber rechtschaffen, eng genug eingebunden, um schuldig zu werden, aber nicht so eng, dass meiner Seele ewige Verdammnis drohte.“ (S. 434)

Die Reise in die Vergangenheit schenkt Einblicke, die ein Geschichtsbuch nur nüchtern ermöglicht.

Ben Pastor: Stürzende Feuer: Martin-Bora-Roman (3)
Aus dem Englischen übersetzt von Hella Reese
Unionsverlag, Juli 2024
448 Seiten, Taschenbuch, 22,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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