Caroline Peters: Ein anderes Leben

Die deutsche Schauspielerin Caroline Peters (Jahrgang 1971) hat ein Buch geschrieben. Peters ist sowohl als Fernseh- und Filmschauspielerin („Mord mit Aussicht“, „Der Vorname“) als auch als Theaterschauspielerin (Berliner Schaubühne, Wiener Burgtheater) bekannt. Außerdem arbeitet sie als Hörspielsprecherin. Ihr Debütroman „Ein anderes Leben“ erschien am 15. Oktober 2024 bei Rowohlt Berlin.

Hanna und ihre Töchter

Es ist aktuell kein seltenes Phänomen, dass Schauspielerinnen oder Schauspieler Bücher schreiben. Mal mehr, mal weniger erfolgreich. Nun also auch Caroline Peters. Und da nun mal das Genre des autofiktionalen Schreibens boomt, so ist es auch bei Peters ein Roman mit Anleihen aus der eigenen Biografie geworden, geschrieben während der Corona-Jahre. Ein Roman über ihre Mutter, der auf der Beerdigung des Vaters beginnt. Da stehen die drei Töchter, Laura, Lotta und die Kleine, die als Ich-Erzählerin der Geschichte fungiert, am Grab und hängen ihren Erinnerungen nach. Bow, der Vater der jüngsten Tochter, wird im Familiengrab der Familie Ramspeck in Alsfeld in Hessen beigesetzt. Hanna, die Mutter, starb schon Jahre zuvor und liegt als Flaschenpost auf dem Grund der Ostsee.

Hanna war mit ihren drei besten Freunden verheiratet und bekam mit jedem von ihm eine Tochter (zu dieser Idee ließ sich Caroline Peters von Jane Birkin inspirieren). Hanna, Klaus, Roberto und Peter (Bow), alle in den 1930er Jahren geboren, studierten in den 1950er Jahren in Heidelberg.

Später bilden Hanna und Bow mit den drei Töchtern eine Patchworkfamilie. Bow ist ein erfolgreicher Architekt und Hanna arbeitet in der Universitätsbibliothek im slawistischen Institut. Sie hat eine Schwäche für russische Literatur und den Hang zu unpünktlichen, großen Auftritten. Kindererziehung und Haushaltsführung sind ihr ein Graus. Lieber verbringt sie den Sonntag im Bett mit Gedichten und einer Teetasse mit Sekt. Lauras Vater Klaus und Lottas Vater Roberto bleiben Familienangehörige, aber überlassen Hanna und Bow die Familienarbeit.

Irgendwann geht auch diese Ehe mit Bow zu Ende. Hanna zieht aus und beginnt ihr eigenes Leben zu leben. Sie schreibt Gedichte. Zwei ihrer Töchter werden Schauspielerinnen, eine Juristin.

„So viele Erinnerungen. In Teilen, Fetzen, Stückchen.“ (S. 137)

Von diesen Erinnerungen der drei Töchter an und den Erlebnissen mit der Familie, mit der Mutter handelt Caroline Peters’ Roman.

„Ein anderes Leben“ trifft nicht ins Herz, ist aber lesenswert

Caroline Peters’ Debüt „Ein anderes Leben“ ist ein recht gut geschriebener Roman geworden. Er liest sich flüssig, ist mal traurig, mal humorvoll. Und trotz all meiner Sympathie für Caroline Peters als Schauspielerin springt bei mir der Funke nicht auf das Buch über. Und das liegt an verschiedenen Dingen: Zum einen sind mir ihre Figuren zu flach gezeichnet. Ich verspüre eine merkwürdige Distanz zu ihnen. Dies gilt vor allem für die „stille Protagonistin“ des Buches. Hanna soll anders sein als andere Mütter ihrer Generation, sie soll charismatisch, chaotisch sein, sie soll eine Diva sein. Nur kommt sie bei bei mir so nicht an. Dazu sind Peters’ Anekdoten aus dem Patchworkfamilienleben zu einfach gestrickt. Albern, wie z.B. an der Stelle im Buch auf S. 180/181, wo sich Hanna und die Töchter Nudeln kochen und Sekt trinken. Oder die Unleserlichkeit der Tankanzeige in Hannas Ente. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Episoden, die Peters’ beschreibt, nicht stark genug dafür sind, das vermeintliche Anderssein der Familie und vor allem der Mutter widerzuspiegeln.

Und zum anderen feuert Caroline Peters immer wieder regelrechte Salven an Fragen ab. Fragen, die sich die Ich-Erzählerin stellt, um ihre Mutter und ihr Verhältnis zu ihr zu verstehen. Nur leider gibt es überhaupt keine Antworten auf diese Fragen. Sie schweben über eine gute halbe Seite lang im Erzählraum, ohne Erkenntnisgewinn, nur als formales Mittel:

„Heute frage ich mich, wie sie selbst, als Hanna und nicht als Mama, sich empfunden hat, wenn sie weich und lieb neben einer von uns am Bettrand saß. Allwissend? Allbehütend? Oder im Gegenteil genervt und ausgesogen? Habe ich sie ausgesogen, wenn ich weinend und wimmernd meinen Teddy umkrallte und von ihr beruhigt werden wollte? Oder war ich ihre Muse, und sie sog eigentlich mich aus? …“ (S. 27/28)

Die Erzählung von Hanna, ihren Männern und ihren Töchtern dringt leider nicht bis zu meinem Herzen vor, aber trotzdem hat Caroline Peters mit „Ein anderes Leben“ ein lesenswertes Buch geschrieben, das sicher viele, vermutlich eher weibliche Anhänger finden wird.

Caroline Peters: Ein anderes Leben.
Rowohlt Berlin, 15. Oktober 2024.
240 Seiten, Gebunden, 23,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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