Arno Strobel, Ingo Bott: Gegenspieler

Ich stelle es mir nach wie vor nicht so ganz einfach vor, wenn zwei jeweils erfolgreiche Autoren, gleich welchen Genres, sich entschließen, gemeinsam einen Krimi oder Roman oder so zu schreiben. Da muss doch einer zurückstecken? Oder sollte das wirklich gleichberechtigt und ohne Konkurrenzdenken klappen? Egal wie – hier hat’s prima funktioniert. Sowohl Arno Strobel als auch Ingo Bott sind ja keine Unbekannten, wenn es um gute Krimis geht.

Dass sie ihre Ermittler Max Bischoff, Fallanalytiker und Dozent an der Uni, bekannt als „Mörderfinder“, nachdem er den offiziellen Polizeidienst als Kriminalhauptkommissar beim KK 11 in Düsseldorf quittiert hat und Anton Pirlo, Strafverteidiger mit Ecken und Kanten, ein bisschen Sonderling, ein bisschen Genie, aber auf jeden Fall unkonventionell, ebenfalls Düsseldorf, jetzt zu einem Team werden lassen, bzw. es zumindest versuchen, ist eine, wie ich finde, klasse Idee.

Sehr gelungen, wie beide ihre Charaktere quasi aufeinanderprallen lassen.

Max wird zunächst von einem renommierten Wirtschaftsanwalt engagiert, um den vermeintlichen Selbstmord eines seiner Vorstandspartner in der Kanzlei aufzuklären. Nach Mahlers Ansicht hat sein Freund und Kollege Müller sich nämlich nie und nimmer selbst das Leben genommen, auch wenn er tief in den aktuellen Steuerskandal verwickelt war, der die Kanzlei im Moment in negative Schlagzeilen bringt. Warum hätte er das tun sollen, wo er doch bereit war, vor dem neu eingesetzten TaxEx-Untersuchungsausschuss im Landtag auszusagen und davor angeblich absolut nicht nervös war? Max nimmt diesen Auftrag widerstrebend an, so ganz ist es nicht das, womit er sich eigentlich befassen möchte. Kurz darauf wird eine weitere Partnerin des Kanzleivorstands in einem Düsseldorfer Nobelhotel ermordet – spätestens jetzt bekommt der Fall eine neue Brisanz. Als Hauptverdächtiger gilt nämlich plötzlich Ernst Mahler. Belastend für den dritten der Partner ist, dass er ganz eindeutig auf den Videos der Überwachungskameras in der Lobby des Hotels zur fraglichen Zeit zu sehen ist. Mahler streitet das auch gar nicht ab, beteuert aber, mit dem Mord – den Morden – nichts zu tun zu haben. Er kommt in Untersuchungshaft und beauftragt den Strafverteidiger Anton Pirlo, der gemeinsam mit Mahlers Tochter Sophie eine Kanzlei führt, mit seiner Verteidigung. Max und Anton müssen also wohl oder übel zusammenarbeiten.

So ganz einfach ist das nicht. Jeder hält den anderen zunächst für einen großen Selbstdarsteller, sie beäugen sich gegenseitig und trauen sich nicht so recht über den Weg, außerdem wissen sie nicht, wie der jeweils andere zu Sophie steht, Mahlers Tochter, die natürlich mit im Boot ist und an den Ermittlungen beteiligt. Sie ist allerdings mehr im Hintergrund tätig, sie muss sich, nachdem ihr Vater in U-Haft ist, um die kranke Mutter kümmern. Nach und nach finden Max und Anton einen Konsens, fangen sogar an, sich (heimlich) zu mögen oder zumindest zu achten! Jeder erkennt, welche Qualitäten und Beziehungen der andere hat. Der Fall zieht weite Kreise, nimmt Dimensionen an, die so nicht abzusehen waren. Das merkt Max unter anderem auch am Verhalten seines Freundes und ehemaligen KK 11-Kollegen Horst Böhmer, der plötzlich mauert, wenn Max ihn auf die Ermittlungen anspricht und immer nur warnt, sie sollten sich „mit denen“ nicht anlegen. Dazu ist es allerdings zu spät. Max und Pirlo stecken schon mittendrin. Wenn sie mit heiler Haut aus der Sache rauskommen und den oder die Täter dingfest machen wollen, müssen sie zusammenhalten und sich aufeinander verlassen. Und manchmal improvisieren.

Unterhaltsam und spannend von der ersten Seite an. Ähnlichkeiten mit ähnlichen Steuerskandalen sind natürlich rein zufällig. Herrlich, was da so zwischen den „neuen Partnern-in-crime“ zwischen den Zeilen abgeht. Der Beginn einer neuen Ermittler-Freundschaft? Auf jeden Fall ein super Debüt für eine hoffentlich neue Reihe.

Arno Strobel: Ingo Bott:Gegenspieler
Fischerverlage, Oktober 2024
414 Seiten, Paperback, 18,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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